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Litteraturübersicht S. 1, Anm., auffallenderweise nicht erwähnt; — seinerzeit
unzweifelhaft eine bedeutende, ja epochemachende Erscheinung, die ihren
Wert und einen gewissen litterarischen Reiz unter anderem auch dadurch
erhielt, dass der früh verstorbene Verfasser, M. v. BRAUCHITScH, mit zu den
geistigen Urhebern der grossen Verwaltungsreform von 1872—1883, von der
das Landesverwaltungsgesetz einen Teil bildet, gehörte. Ein Werk mit vielen,
oft anerkannten Vorzügen, aber auch einigen, seltener bemerkten Mängeln.
Zu letzteren rechne ich vor allem den Mangel an Fühlung mit der Wissen-
schaft: obwohl in den letzten zehn, fünfzehn Jahren doch eine ganze Reihe
wertvoller, auch praktisch brauchbarer Einzelleistungen auf den durch das
Landesverwaltungsgesetz geregelten Gebieten des Verwaltungsrechts ent-
standen ist, unterlassen es die Bearbeiter der fort und fort erscheinenden
Neuauflagen des v. BraucHitschschen Werkes, hiervon Notiz zu nehmen,
vielleicht, weil sie diese Litteratur für minder belangreich erachten, viel-
leicht auch in Befolgung jenes Grundsatzes, welcher dem preussischen Prak-
tiker durch das Allgemeine Landrecht zur Pflicht gemacht ist: dass bei Ent-
scheidungen auf Meinungen der Rechtslehrer keine Rücksicht genommen
werden soll. Jedenfalls liess und lässt fortdauernd das Werk v. BRAucHITscHs
und seiner Nachfolger noch vieles zu thun übrig, es blieb eine dankbare
Aufgabe, zu dem Landesverwaltungsgesetz einen Kommentar zu schreiben,
der über den wichtigen und interessanten Inhalt dieses Gesetzes: Behörden-
organisation, Verwaltungsprozessrecht, Lehre von den polizeilichen Ver-
fügungen und Verordnungen, Verwaltungsexekution u. a. m. dem Praktiker
sowohl wie auch dem Theoretiker überall etwas Rechtes zu sagen hat. Verf.
hat sich dieser Aufgabe gewidmet. Hat er sie gelöst? — Es sei gestattet,
die Frage, deren Beantwortung schliesslich nur den Wert einer subjektiven
Meinungsäusserung haben würde, im allgemeinen offen zu lassen, um den
Blick des Lesers auf einige Einzelheiten des Buches zu lenken.
Am besten gelungen scheinen mir die Abschnitte über die allgemeinen
Verfahrensnormen und das Verwaltungsstreitverfahren (S. 48—193). Auf
Grund offenbar sehr eingehender und sorgfältiger Studien im Gebiete des
Verwaltungs- und Civilprozessrechts hat es Verf. vermocht, hier zum ersten
Male einen wirklich brauchbaren Kommentar zu der im Landesverwaltungs-
gesetz enthaltenen Prozessordnung der preussischen Verwaltungsgerichte zu
liefern. Die anderen Partien des Werkes sind recht ungleich an Gehalt und Wert.
Auf eine Einleitung, welche den Leser (man bedenke, dass das Buch laut
Vorwort auch dem Selbststudium und dem akademischen Unterricht dienen
soll!) über die Entstehungsgeschichte, die legislative, Bedeutung und den
wesentlichen Inhalt des Landesverwaltungsgesetzes, insbesondere über die
Tragweite der getroffenen organisatorischen und prozessualen Neuerungen
belehrt, glaubte Verf. verzichten zu sollen; in dieser Hinsicht sind wir also
noch weiterhin auf die vorzügliche Einleitung zu Brauckitschs I. Bande an-
gewiesen. Ob derjenige, welcher sich aus den dürftigen Anmerkungen zu