Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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stimmungen der Oivilprozessordnung nicht unmittelbare Anwendung finden 
können, das Reichsgesetz über freiwillige Gerichtsbarkeit zur Ergänzung 
heranzuziehen sei. 
Aus den Einzelheiten der Darstellung der materiellen Voraussetzungen 
interessieren den Unterzeichneten selbstverständlich vor allem einige Punkte, 
in denen der Verf. von der Auffassung des Unterzeichneten abweicht. In 
seinem Buche „Von den Pand. z. B. G.-B.“ Bd. IS. 122 hat Unterzeichneter 
den vom Verf. sehr richtig hervorgehobenen Satz nicht bestreiten wollen, 
dass das Bürgerliche Gesetzbuch seiner Unterscheidung zwischen Geistes- 
schwäche und Geisteskrankheit die laienhafte Auffassung des praktischen 
Lebens zu Grunde legt, sich also nicht in einen Selbstwiderspruch mit N.3 
zu $ 6 seines Handkommentars versetzt; in jenem Buche glaubte Unter- 
zeichneter nur diesen vom Standpunkte der Psychiatrie unwissenschaftlichen 
und daher den im Entmündigungsverfahren zumeist ausschlaggebenden 
psychiatrischen Sachverständigen oft.in Verlegenheit bringenden unwissen- 
schaftlichen Ausgangspunkt des Bürgerlichen Gesetzbuchs tadeln zu müssen, 
während der Verf. allerdings diesen Vorwurf als ungerechtfertigt ansieht. 
Ueberhaupt verfolgt der Verf. die Tendenz, gerade die von seiten der Psy- 
chiater vielfach gegen unser gegenwärtiges Entmündigungsverfahren er- 
hobenen Bedenken möglichst einzuschränken. Zweifellos ist ihm bei seiner 
Betonung der selbständig juristischen Betrachtung des Stoffes darin bei- 
zustimmen, dass auf keinen Fall jeder im medizinischen Sinne Geisteskranke 
zu entmündigen ist. Aber seine Umkehr dieses Satzes dahin, dass „der 
Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche sehr 
wohl (auch) ein Mensch unterworfen werden könne, dessen Zustand kein 
psychopathologischer ist* (S. 83), dürfte schwerlich die Billigung der Praxis 
erlangen. Auch des Verf. gegen meine Ausführungen (Von den Pand. z. 
B.G.-B. Bd.I S.126) über die Entmündigung wegen Trunksucht gerichtete 
Beweisführung kann mich nicht überzeugen. Obwohl in $ 6 die Gefährdung 
der öffentlichen Sicherheit ausdrücklich neben der Unfähigkeit zur Ge- 
schäftsführung genannt wird, soll Gemeingefährlichkeit grundsätzlich keinen 
Entmündigungsgrund bilden (S. 72 ff... Mit Recht hebt freilich Verf. her- 
vor, dass die Frage der Anstaltsdetention Geisteskranker und die Frage 
der Entmündigung voneinander wohl zu unterscheiden ist, dass insbesondere 
nicht jeder entmündigungsreife Mensch interniert zu werden braucht. Aber 
darum ist seine Kritik der Verfügung des preuss. Justizministeriums vom 
28. Nov. 1899, derzufolge die Staatsanwaltschaft in allen Fällen, wo die Be- 
sorgnis einer ungerechtfertigten Zurückhaltung in einer Anstalt besteht, den 
Entmündigungsantrag zu Gunsten des Detinierten stellen soll, um im Falle 
der Ablehnung dessen Freilassung zu erzielen, doch nicht berechtigt. Denn 
jedenfalls kann niemand, der Herr seiner Handlungen ist, wider seinen 
Willen detiniert werden, auch wenn sein Verbleiben in der Anstalt aus 
anderen Gründen dringend erforderlich erscheinen sollte (vgl. S. 184).
	        
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