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Duellfrage erregt wird, so wird es sich schon aufraffen und dringend die
gänzliche Beseitigung dieses mittelalterlichen rohen Unfugs verlangen.“ Der
Erregung dieses Interesses dient die Schrift.
Ich meine aber, das Verlangen, den Zweikampf zu überwinden, sei
längst dringend genug; die ganze Frage befindet sich wohl in einem Stadium,
das ein gutes Stück weiter vorwärts liegt, als wie CurT MÜLLER anzunehmen
scheint. Ueber seine Behauptung: „Es kann ein Mensch keinen Mut und
doch Ehre, mehr Ehre als der Mutige besitzen“, wird sich das von ihm erwartete
„Zetergeschrei* heutzutage nicht mehr erheben. Ich kann es auch nicht
zugeben, dass der Kampf gegen das Duell heute noch, wie der Verf. meint,
„ein gutes Stück Beherztheit“ erfordere; die Begründung MüÜLLERs: „denn
dieser Kampf ist nicht leicht und bringt einem bei beschränkten und
vorurteilsvollen Leuten leicht den Vorwurf der Feigheit ein“, beweist
doch viel eher, dass auch ein Unbeherzter sich in diesen Kampf wagen
kann. — Es scheint mir der heutigen Sachlage besser zu entsprechen, zu
betonen, dass die Frage spruchreif ist. Die Schlussvorträge sind von beiden
Parteien längst gehalten worden, sie werden nur immer von neuem wieder-
holt. Den entscheidenden Akt kann im Deutschen Reich nur der Kaiser
vollziehen; eine andere Abschaffung des Duells als die Verordnung, die es
den Offizieren verbietet, ist kaum denkbar. Daneben bleibt der Strafgesetz-
gebung die Aufgabe, nicht etwa die Strafen gegen den Zweikampf zu ver-
schärfen — sie entsprechen der Art des Deliktes —, sondern die, eine Ver-
besserung des Ehrenschutzes anzustreben. Die Berichte, die KıEm und
LammascHa über diese Frage der Anti-Duell-Liga für Oesterreich erstattet
haben (Wien 1903), überragen die Anti-Duell-Litteratur, weil sie nüchtern
auf ein erreichbares Ziel zugehen. Max Ernst Mayer.
Dr. J. Schollenberger, Prof. an der Universität Zürich, Grundriss des
Staats- und Verwaltungsrechts der schweizerischen Kan-
tone. Zürich, Verlag von J. Leemann, 1900. I. Bd. XVI u.
384 S.
Der Verf. hat sich zur Aufgabe gesetzt, in einem drei Bände umfas-
senden Grundriss das kantonal-schweizersiche Staats- und Verwaltungsrecht
zur gedrängten Darstellung zu bringen. Hier haben wir es mit dem ersten,
dem Erscheinen nach freilich mit dem letzten der drei Bände zu thun. Es
wird darin (in einem I. Teil) die Stellung des kantonalen Staates in seinem
Verhältnis zum Bunde (als Gliedstaat) und als Staatswesen für sich (als
Einzelstaat) zunächst besprochen. Sodann wird (im II. Teil) eine Darstel-
lung der Volksrechte, unter denen die Freiheitsrechte (individuelle,
garantierte Rechte), wie persönliche Freiheit, Freiheit der Meinungsäusserung,
Eigentumsgarantie u. s. w., von den politischen Rechten (Stimm- und