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werke nach dem Etat für 1900 unter vergleichender Berücksichtigung früherer
Etats (S. 175—182), sowie ein Abriss des Stempelwesens mit Abdruck der
wichtigsten einschlägigen Tarifstellen (S. 168—175). Das Stempelwesen,
dessen Skizzierung von dem Bearbeiter der dritten Auflage dem Werke neu
einverleibt worden, ist entschieden zu kurz gekommen. Es findet sich nichts
über die fast in jeder Vertragsurkunde vorkommenden sog. besonderen
Rechtsgeschäfte, wie z. B. die Schiedsabrede. Wichtige Tarifstellen sind
übergangen; sogar die überaus wichtige Tarifstelle „Kauf- und Tauschverträge“
ist ohne die „Befreiungsvorschriften* abgedruckt, obgleich diese nach meiner
Erfahrung bei etwa der Hälfte fiskalischer Kauf- und Werkverträge praktisch
werden. Indessen das Stempelwesen interessiert ja mehr den Justitiar. Für
den Domänenverwaltungsbeamten ist dagegen von grösstem Wert der sehr
schätzbare Kommentar zu den „Allgemeinen Pachtbedingungen“ (S. 33—88)
— meines Wissens der einzige nichtamtliche Kommentar zu den Bedingungen
von 1900 —, sowie insbesondere die sorgfältige systematische Verarbeitung
der einschlägigen Ministerialerlasse und der Abdruck der wichtigsten Erlasse
im Anlagenteil: Die Kenntnis der ministeriellen Vorschriften bietet häufig
grosse Schwierigkeiten, da man in der Praxis oft nicht weiss, wie und wo
man sie ohne längeres Aktenstudium finden soll. Allein schon der Anlagen-
teil des Buches stellt eine für die Praxis höchst schätzbare Arbeit dar.
Das Buch enthält lediglich Verwaltungsgrundsätze, wobei jedoch auch
die Forstverwaltung, soweit sie mit der Domänenverwaltung Hand in Hand
zu gehen hat, sorgfältige Berücksichtigung erfährt. Ganz ausgeschieden ist
geflissentlich jede landwirtschaftlich-technische Angelegenheit. Man könnte
fragen, ob nicht ein Streifen der technischen Seite, wodurch das Buch
nur um wenige Seiten stärker geworden wäre, eine willkommene Ergänzung
sein würde. Angenehm wären z. B. Gesichtspunkte über Findung eines
angemessenen Kauf- oder Verkaufspreises eines Gutes, ferner über das Ver-
hältnis der Viehzahl zur landwirtschaftlich genutzten Pachtfläche: Nach
welchen Gesichtspunkten und unter Zugrundelegung welcher landwirtschaft-
lichen Erfahrungssätze z. B. zu prüfen ist, ob, wenn ein Pächter die Ver-
grösserung des Rindviebstalles beantragt, ein nachhaltiges Bedürfnis zur Ver-
mehrung des Rindviehbestandes für das Gut vorliegt, und ob dieses den
vergrösserten Bestand überhaupt ernähren kann.
Indessen ein Vorwurf kann den Verf. daraus nicht gemacht werden,
dass sie streng bei ihrem Thema geblieben sind. Dieses haben sie in vor-
trefflicher Weise behandelt, und die ausgezeichnete Aufnahme, welche die
früheren Auflagen des Oezricusschen Buches gefunden haben, wird der vor-
liegenden von GÜntuHER besorgten Auflage mit vollem Recht bereits zuteil.
Berlin-Friedenau. Gerichtsassessor Dr. Franz Scholz.