607
Nordamerika bestimmt: „Auf das schriftliche Ersuchen eines
Konsuls oder Vizekonsuls einer fremden Regierung, zwischen
welcher und den Vereinigten Staaten ein Vertrag über die Aus-
lieferung desertierter Seeleute besteht, worin angegeben ist, dass
die in Rede stehende Person in einem Hafen der Vereinigten
Staaten von einem Schiffe der ersuchenden Regierung desertiert
ist, und worin durch das Schiffsregister, die Musterrolle oder
durch eine andere amtliche Urkunde nachgewiesen wird, dass die
benannte Person zur Zeit der Desertion zu der Mannschaft des
erwähnten Schiffes gehörte, sind die zuständigen Gerichte, Richter
und Polizeibeamten verpflichtet, einen Haftbefehl gegen den De-
serteur zum Zwecke der Untersuchung zu erlassen.“
A. beruhigte sich bei seiner Verhaftung nicht, sondern
wandte sich an die Gerichte. Die Sache kam zur Entscheidung
des höchsten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten, und dieser
entschied per maiora, abweichend von den Entscheidungen der
beiden Vorinstanzen, dass A. der russischen Regierung auszu-
liefern sei. Das Urteil des höchsten Gerichtshofs führt zur Be-
gründung der Ansicht der Majorität folgendes aus:
Wenngleich die Dersertion im allgemeinen kein Verbrechen
sei, wegen dessen nach den von den Vereinigten Staaten ge-
schlossenen völkerrechtlichen Verträgen eine Auslieferung erfolge,
so beständen doch seit langer Zeit Staatsverträge über die Aus-
lieferung desertierter Seeleute. Der erste Vertrag dieser Art sei
von den Vereinigten Staaten bereits vor der Annahme der Kon-
stitution im Jahre 1788 mit Frankreich geschlossen; ähnliche
Verträge seien von den Vereinigten Staaten mit Brasilien im
Jahre 1828, Mexiko 1831, Chile 1832, Griechenland 1837, Bo-
livia 1858, Oesterreich 1870, Belgien 1880 und mit 17 bis 18
anderen Staaten, zuletzt mit Grossbritannien im Jahre 1892 ge-
schlossen. Mit Bezug auf derartige Verträge sei im Jahre 1829
die in den $ 5280 der revidierten Gesetze aufgenommene Vor-
schrift erlassen. Nach den Gesetzen der Vereinigten Staaten
40*