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Preuss. A.-G. z. B. G.-B. ordnet für die Genehmigung der
Verfassung einer Familienstiftung die Genehmigungspflicht
des Vormundschaftsgerichts an, da man nach den Motiven das
Bürgerliche Gesetzbuch nicht als verbindlich ansah, aber sich
dem neuen Rechte anpassen wollte. Im Gebiete der religiösen
Kindererziehung finden sich eingehende Vorschriften über die
obervormundschaftliche Thätigkeit und die vormundschaftliche Ge-
walt, bei näherer Vergleichung der neuen Rechte in Schwarzburg-
Sondershausen-Rudolstadt, Koburg-Gotha und Hessen
ist klar zu ersehen, welch grosse Unterschiede in dem partikularen
Rechte der Konfessionswahl für die vormundschaftliche Thätigkeit
bestehen. Sachsen-Altenburg und -Meiningen haben in dem
Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch noch die beson-
dere Bestimmung aufgenommen, wonach an die Stelle der elter-
lichen Entscheidung das Vormundschaftsgericht eintritt, wenn sich
dieselbe als ein Missbrauch des Fürsorgerechtes oder als eine
Gefährdung für das geistige Wohl des Kindes darstellen könnte.
Das hiernach zugelassene Landesrecht behält seine Wirkung
auch auf dem materiellrechtlichen Gebiete der Vormundschaft,
die Grenze zwischen Reichs- und Landesrecht ist der Unter-
suchung der einzelnen Materien vorbehalten. Im Interesse der
Rechtseinheit muss jedoch soweit wie nur möglich die Gefahr
überwuchernder partikularer Rechtsbildungen vermieden werden.
So kann es nicht gestattet sein, reichsrechtliche „Sollvorschriften“
im Gebiete der Vormundschaft durch neue landesrechtliche Be-
standteile zu ergänzen, weil sie nur Sollvorschriften sind. Es
kann z. B. die Reihe derer, die nach & 1781 nicht zum Vor-
munde bestellt werden „sollen“, nicht einfach mit landesrechtlicher
Wirkung für besondere partikulare Bedürfnisse verlängert werden.
In diesem Sinne ist die Auffassung Dorners ($ 27 Anm. 5a 8. 157
des Kommentars F.-G.): „Sollvorschriften sind keine Rechtsnormen
im Sinne des Gesetzes, ihre Verletzung gilt nicht als Gesetzes-
verletzung“ sicherlich nicht zutreffend und die hiergegen von