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JASTROW!? geltend gemachte Unzulässigkeit solch „landesrecht-
licher Zerpflückung“ berechtigt.
So ergiebt sich infolge der öffentlichrechtlichen Natur der
vormundschaftlichen Vorschriften das Ergebnis:
1. Die Ergänzung des Bürgerlichen Gesetzbuches durch Landes-
recht und die Fortbildung einzelner landesrechtlicher Vorschriften
ist nach dem Grundsatze der Motive zu Art. 55 E.-G. z.B. G.-B.
zulässig.
2. Für die Vorbehaltsgebiete des Bürgerlichen Gesetzbuches
erscheint in formeller und materieller Hinsicht die Regelung aller
vormundschaftlichen Fragen durch Landesrecht möglich, zumal
diese Gebiete als Ganzes aufrecht erhalten sind.
Zur Vervollständigung des Bildes landesrechtlicher sich auf
die Vormundschaft beziehender Vorschriften sind noch die Be-
stimmungen nach Art. 147 E.-G. heranzuziehen. Diese die Zu-
ständigkeit und Organisation obervormundschaftlicher Behörden
betreffenden Vorschriften sind ohne Frage öffentlichrechtlicher
Natur und interessieren hier insoweit, als sie die weitgehende
Heranziehung zum obervormundschaftlichen Dienste zeigen und
hier auch nicht berufsmässige Inhaber eines Staatsamtes anzu-
erkennen sind als Beamte im Sinne des Bürgerlichen Gesetz-
buches und seiner Nebengesetze. So besteht in Württemberg
für jede Gemeinde das Vormundschaftsgericht aus dem Bezirks-
notar und vier Waisenrichtern, in Hamburg werden zwölf nicht
juristisch gebildete Mitglieder auf sieben Jahre von der Bürger-
schaft gewählt, ihre Anzahl kann durch Senatsbeschluss vermehrt
werden. In Mecklenburg-Schwerin und Strelitz ist nach der
landständischen Verfassung beider Staaten die obervormundschaft-
liche Thätigkeit des Gutsherrn als publizistisches Realrecht am
Grund und Boden erhalten geblieben, hier sind neben dem Amts-
gerichte ausserdem die Magistrate, die Klosteramtsgerichte und
die Hofstaatsgerichte als Vormundschaftsbehörde in Thätigkeit.
0 Zeitschr. f. deutschen Civilpr. Bd. 25 S. 528.