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protokollarische Erklärung, Ableistung des Diensteides u. s. w. die Ueber-
nahme der Dienstpflicht erklärt. Dass die Ausfertigung oder Einhändigung
der Anstellungsurkunde für den Beginn der Beamtenqualität wesentlich sei,
ist auch in dieser Allgemeinheit und abgesehen von positiven Gesetzes-
bestimmungen nicht richtig. Gerade bei höheren Beamten wird die Bestallung
oder das Patent oft erst längere Zeit nach dem wirklich erfolgten Dienst-
eintritt ausgefertigt. Dass die Anstellungsurkunde als ein einseitiger Herr-
schaftsakt, ja bisweilen mit Formeln, als handelte es sich um einen Gnadenakt,
abgefasst wird, ist vielleicht gerade eine Reminiscenz an den absoluten
Fürstenstaat. Wenn jemand, der sich zum Eintritt in den Dienst nicht
definitiv verpflichtet hat, eine auf ihn ausgestellte Anstellungsurkunde zurück-
weist, so wird er in keinem Momente Beamter und es bedarf keiner Ent-
lassung desselben aus dem Amte, es sei denn, dass er das Amt angetreten
und dadurch seine Dienstpflicht thatsächlich übernommen hat.
Würde das Beamtenverhältnis lediglich durch die Zuweisung bestimmter
Organfunktionen (Zuständigkeiten) begründet werden und in der Innehabung
dieser bestehen, so würde es notwendigerweise nicht nur mit der Stellung
des Beamten zur Disposition aufhören, sondern auch jede Versetzung und
Beförderung in ein anderes Amt würde das bisherige Rechtsverhältnis lösen
und ein neues begründen. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Beamten und
dem Staat oder der Gemeinde ist aber trotz des Wechsels der Organfunk-
tionen (der Aemter), welche der Beamte wahrnimmt, ein einheitliches.
Kraft desselben steht der Beamte zur Disposition des Staates (der Gemeinde),
von welcher dieser durch Uebertragung eines Amtes eben Gebrauch macht.
Hierin liegt die Gleichartigkeit und zugleich die Verschiedenheit des Berufs-
beamten und des Ehrenbeamten; beide stehen zur Disposition des Staates
oder der Gemeinde; beide können zur Wahrnehmung von Amtsgeschäften
verwendet werden; aber der Berufsbeamte auf Grund und nach Massgabe
seiner freiwillig übernommenen Dienstpflicht, der Ehrenbeamte auf Grund
und nach Massgabe der ihm vom Gesetz auferlegten Dienstpflicht. Da-
durch werden nicht die beiden Arten von Beamten, wie Preuss S. 82 ff.
meint, auseinandergerissen, sondern ihre Dienstpflicht ist das gemein-
same Merkmal beider; dagegen ist der Rechtsgrund ihrer Dienstpflicht
verschieden. Dass also der besoldete und der unbesoldete Stadtrat die
gleichen „Örganfunktionen“ haben, der eine aber aus einem anderen Rechts-
grunde wie der andere zur Uebernahme derselben verpflichtet ist, kann nicht
mit Grund dazu verwendet werden, um die Lehre vom Anstellungsvertrage
zu widerlegen und zu verspotten. Dass durch die Erteilung eines Amtes
„die Gemeinde sowie der Staat — nach GIERKEs Ausdruck — eine unaus-
gefüllte Stelle in ihrem Lebensorganismus besetzt, sich ein lebendiges Glied
unter Zuweisung der entsprechenden Pflichten und Rechte einfügt“, ist voll-
kommen zutreffend; es ist nur die Frage, aus welchem Grunde sich jemand
diese Einfügung gefallen lassen muss. Wo das Gesetz die Verpflichtung