— 293 —
der Zivilprozeßordnung um 31, des hierzu gehörigen Teils, der Handelsgerichte
um 5 und des Einführungsgesetzes um 9 Punkte. Dagegen war hinsichtlich
der Strafprozeßordnung ein Einverständnis herbeizuführen über 120 Punkte
und des Einführungsgesetzes dazu über 3 Punkte.
Der Justizausschuß des Bundesrats wurde für den 19. Oktober 1876,
also zwei Tage nach dem Zusammentritt der Justizkommission des Reichstags,
berufen; auf der Einladung befand sich als Tagesordnung die gesamte Gruppe
der Justizgesetze einschließlich der Konkursordnung. Die Arbeit des Ausschusses
bestand zunächst darin, daß die einzelnen Bevollmächtigten sich über die Stellung
ihrer Regierungen zu den Beschlüssen der Kommission in zweiter Lesung aus-
sprachen, und daß man später zur Festsetzung derjenigen Punkte überging, bis
zu welchen der Bundesrat den Reichstagsbeschlüssen zustimmen wollte.
Um dieselbe Zeit (16. Oktober 1876) begannen — ohne Teilnahme Bis-
marcks, der sich in Varzin aufhielt — die Beratungen des preußischen Staats-
ministeriums über die Stellung des letzteren zu den Reichsjustizgesetzen. Diesen
Konferenzen waren in der letzten Woche sehr eingehende Beratungen über den-
selben Gegenstand im Justizministerium vorausgegangen und es hieß, daß aus
demselben ein Bericht aus der Feder des Unterstaatssekretärs Dr. Friedberg an
das Staatsministerium gerichtet, die Unterlage der Erörterungen im Ministerrat
gebildet hätte. In bundesrätlichen Kreisen wollte man wissen, Preußen werde
sich weder zur Verweisung der Preßdelikte vor die Geschworenen, noch zur
Aufhebung des Zeugniszwanges verstehen.
Am 19. Oktober 1876 morgens 10 Uhr trat programmmäßig der Justiz-
ausschuß des Bundesrats zur Erledigung seiner Aufgabe zusammen. Die
Sitzung war zahlreich besucht. Die Staaten, welche dem Ausschuß angehörten,
waren zumeist durch mehrere Bevollmächtigte vertreten, und eine Anzahl von
Bundesratsmitgliedern, welche dem Ausschusse nicht angehörten, als Zuhörer
anwesend. An den Beratungen beteiligten sich u. a. die Justizminister Preußens,
Bayerns, Württembergs. In dem Ausschusse für Justizwesen waren zur Zeit
vertreten außer der Präsidialmacht Preußen die Staaten Bayern, Königreich
Sachsen, Württemberg, Hessen, Braunschweig, Lübeck und als Stellvertreter
Baden und Schwarzburg-Rudolstadt; jeder Staat führt bekanntlich in den
Ausschüssen nur eine Stimme.
Ueber das Resultat der Beratung verlautete, daß die stimmführenden
Justizminister, und an ihrer Spitze der preußische Justizminister Dr. Leonhardt,
sämtlich mit lebhaftestem Eifer bemüht waren, auf das Zustandekommen der
Justizgesetze hinzuwirken. Es wurde denn auch eine ansehnliche Reihe von
Beschlüssen der Justizkommission von dem Justizausschuß unter Aufgabe des
früheren Standpunkts des Bundesrats angenommen.
Am 31. Oktober 1876 nahm auch das Plenum des Bundesrats zu den
strittigen Fragen Stellung. Den Vorsitz führte der preußische Justizminister