Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

In erschöpfender Darstellung behandelt der Verf. die einzelnen Zweige 
des Veredelungsverkehrs, seine statistische Nachweisung und die ihm ver- 
wandten Einrichtungen im Zollwesen des Inlandes und des Auslandes und 
erörtert sodann eingehend die Aufgaben dieser Vergünstigungen in der Zoll- 
und Handelspolitik und die neueren Reformbestrebungen. Die Ausführungen 
und Schlussfolgerungen des Verf., überall getragen von einer klargeistigen 
und massvollen wirtschaftspolitischen Grundanschauung, sind durchweg über- 
zeugend. Die Fragen, ob es sich empfiehlt, unser System des Zollerlasses 
zu Gunsten eines Systems der Zollvergütung aufzugeben, und ob allgemein 
auf Festhaltung der Identität zu verzichten sein wird, werden verneinend 
beantwortet. Dagegen ist eine Erleichterung der zurzeit bei uns in An- 
wendung kommenden teils lästigen, teils missliebigen Identitätskontrollen 
unter grundsätzlichem Verzicht auf die effektiven Warenkontrollen (amtliche 
Aufsicht, Verschluss usw.) vonnöten. Das vom Verf. hierfür empfohlene 
System einer den Veredelungsverkehr in allen Phasen erfassenden Buch- 
kontrolle ist in ganz ähnlicher Weise im Hamburger Freihafen zur Ausübung 
von Ursprungskontrollen über dort lagernde Waren tatsächlich angewandt 
worden. Die weitere Frage, ob es zweckmässig sei, an die Stelle der Ge- 
währung einer Begünstigung im Einzelfalle die Anerkennung eines Rechts- 
anspruchs auf Grund allgemeiner Regelung der Voraussetzungen nach ameri- 
kanischem System treten zu lassen, wird ebenfalls verneint. Jedoch empfiehlt 
es sich nach Ansicht des Verf., im Interesse der zurzeit nicht genügend 
verbürgten Einheitlichkeit des Verfahrens die einzelstaatliche Selbständigkeit 
hinsichtlich der Bewilligung des Veredelungsverkehrs einzuschränken und die 
Entscheidung hierüber in allen Fällen von einiger volkswirtschaftlicher Be- 
deutung dem Bundesrate oder einer von diesem losgelösten Reichsinstanz für 
Verzollungsangelegenheiten zuzuweisen. 
In einem andern Zusammenhange (S. 22) bemerkt der Verf., dass die 
Zulassung des Veredelungsverkehrs insoweit nicht eine reine Vergünstigung 
und nicht mehr blosse Ermessensfrage sei, als seine Voraussetzungen und 
Bedingungen durch vertragsmässige Abmachungen mit andern Staaten (nament- 
lich mit der Schweiz durch Art. 6 des Handelsvertrags vom 10. Dez. 1891, 
RGBl. von 1892 8. 195) festgelegt sind. In diesem Falle sei die Bewilligung 
des Veredelungsverkehrs, sofern dessen Bedingungen erfüllt sind, völker- 
rechtliche und staatsrechtliche Pflicht, wobei dahingestellt bleiben möge, ob 
sich in solchem Falle ein individueller Rechtsanspruch des einzelnen Inter- 
essenten annehmen lasse. Für den schweizerischen Handelsvertrag möchte 
ich letztere Frage mit dem Vorbehalt bejahen, dass über die Art des Rechts- 
schutzes, insbesondere ob der Anspruch im Zivilrechtswege verfolgbar ist, 
das Landesrecht entscheidet. Im übrigen beweisen solche Zweifelsfragen, 
wie begründet die Bedenken sind, die von Lasanp (Staatsrecht 4. Aufl. Bd. II 
S 62 8. 150, 151) gegen die Praxis erhoben werden, von einer besonderen 
Formulierung und Ausfertigung der Vertragsgesetze abzusehen. Ein Gesetz,
	        
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