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den Grenzen des Staatsgebietes prinzipiell aufhört. Zu dieser Feststellung
gelangt auch der Verf. in $ 8; er folgert daraus zutreffend, dass alle im In-
lande begangenen Straftaten der Aburteilung nach den deutschen Strafgesetzen
unterliegen, wie das$ 3 RStGB auch ausdrücklich feststellt. Dass der in diesem
Paragraph ausgesprochene Grundsatz nicht eine „Eigentümlichkeit des Straf-
gesetzes, sondern eine Qualität des gesetzlichen Rechtes überhaupt“ sei, wie
der Verf. mit von MArTITZ annimmt, ändert an der Tatsache nichts, dass ge-
rade hierin die positive Seite des Territorialprinzips ihren bestimmten Aus-
druck findet, Unbedingt nötig war diese Bestimmung allerdings nicht, denn
alles Recht des Staates ruht, wie schon erwähnt, auf dem Territorialprinzip.
Die negative Seite des Territorialprinzips ist in $ 4 Abs. 1 StGB zum Aus-
druck gebracht; auch hierin trifft der Verf. vollkommen das Richtige. Was
als „Inland“ im Sinne des Staatsrechtes für die vorstehenden Ausführungen
in Betracht kommt, wird gleichfalls eingehend erörtert; Einwendungen wer-
den hier gegen die Ausführungen des Verf. nicht zu erheben sein. Nachdem
so die Geltung des Territorialprinzips im deutschen Strafrecht festgestellt
und der Begriff nach beiden Seiten hin begrenzt ist, werden die Vorschriften
erörtert, die sich nach der Ansicht des Verf. als Ausnahmen von dem Ter-
ritorialprinzip darstellen. Von der positiven Seite des Territorialprinzips
erkennt der Verf. nur eine Ausnahme an: die auf dem Staatsrecht ruhende
Befreiung der Staatsoberhäupter vom Strafgesetz; zutreffend wird hier im
besonderen betont, dass die vom Völkerrecht als exterritorial anerkannten
Personen nicht vom Strafgesetze als solchem, sondern lediglich von der
Gerichtsgewalt des Staates befreit sind. Wesentlicher sind nach der An-
sicht des Verf. die Ausnahmen, die den Grundsatz des $ 4 Abs. 1 StGB
durchbrechen, bei denen also als Ausnahme von der negativen Seite des
Territorialprinzipes der Staat von sich aus seine Strafgewalt über seine
Grenzen hinaus ausdehnt. Nicht hierher gehören alle derartigen Vor-
schriften, die ihre Grundlage in Staatsverträgen haben, denn in allen diesen
Fällen geht der Staat nicht aus eigener Machtvollkommenheit über sein
Gebiet hinaus, sondern auf Grund der hierüber getroffenen Vereinbarung.
Dazu gehört auch das vom Verf. als besondere Ausnahme erwähnte Gesetz
über den Sklavenraub und Sklavenhandel vom 28. Juni 1895, das seine
Grundlage in der Brüsseler Antisklavereiakte vom 2. Juli 1890 hat. In der
Hauptsache aber kommen hier in Frage die Vorschriften des $ 4 Abs. 2
StGB; diese können, im Gegensatz zu der Ansicht des Verf., nicht als Aus-
nahmen von dem Territorialprinzip und als ein Hinneigen des Gesetzes zu
dem Schutzprinzip oder gar dem staatsrechtlich undenkbaren Weltrechts-
Prinzip — wie das der Verf. (S. 66) hinsichtlich der Münzdelikte anzunehmen
scheint — aufgefasst werden, sondern entspringen einem völlig andern Grund-
gedanken, dem Gedanken der Wahrung der staatlichen Autorität und In-
tegrität gegen Angriffe einzelner von aussen her, wie er sich als Konsequenz
aus der Souveränität des Staates ergibt. Dieser Gedanke der Notwehr, der
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