Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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fahrens“, „Interessenmehrheit bei einheitlichem Verfahren“; endlich „Kosten- 
pflicht“. Das einzelne wird von knappen geschichtlichen Rückblicken begleitet 
und überall wird auf ein Verstehenlernen des inneren Zusammenhangs der 
Rechtssätze, z. B. über Schriftlichkeit und Mündlichkeit (8 47) hingearbeitet; 
auch Tagesfragen (Prozessverschleppung — 8. 185, 196, 201 ff.) werden gestreift. 
Solch allgemeines Urteil muss an dieser Stelle genügen; es darf die 
Erörterung von Einzelheiten den prozessualischen Fachzeitschriften über- 
lassen bleiben. Nur folgende Bemerkungen mögen hier noch gestattet sein. 
Wenn die Grundregel der Verhandlungsmaxime, von der ja unser 
Zivilprozessrecht einen Teil seiner Grundsätze ableitet, dem Verfahren leicht 
das Aussehen gibt, als ob es aus lauter für die Gerichte unantastbaren Par- 
teiverfügungen sich zusammensetze und als ob ein „selbständiges energisches 
Eintreten des Richters im Zivilprozesse* (KoHLER) ein schwerer Missgriff 
sei, so hätte nach meinem Geschmack der Verf. seine Leser mehr ahnen 
lassen können, dass es sich im Gegensatze dazu vor allem um ein Recht des 
Kampfes zwischen den Parteien handelt, das eine scharfe und feste 
Leitung durch das Gericht erfordert; und dass die Staatsbehörde die 
Pflicht hat, innerhalb der von dem Streitfall gezogenen Grenzen mit allem 
Nachdrucke und ohne ängstlichen Hinblick auf jenen Schulbegriff die Wahr- 
heit und damit das gute Recht an den Tag zu bringen. Um darüber nicht 
ım Zweifel zu lassen, bedarf es für die Lehre vor allem einer weit schärferen 
Betonung der richterlichen Rechte und Pflichten nach 88 139 ff. ZPO, als man 
sie auch bei WEISMAnN (S. 132) findet. Und es ist ferner unzutreffend, den 
Kämpfenden die Wahrung von „Treu und Glauben“ abzuverlangen (8. 112). 
Dieser Gedanke hat denn auch den Verf., wie einst das Reichsoberhandelsgericht 
(Entscheidungen Bd. XXII, S. 81) dahin geführt, ein „allgemeines und vages 
Bestreiten“ im Prozesse für unzulässig zu erklären, während ihm doch nicht 
ein solches Gebot, sondern nur die richterliche Würdigung nach 8 286 ZPO 
entgegenzutreten vermag und entgegentreten soll! 
Die Beweislastregeln halte ich im Gegensatze zum Verf. (S. 127) für 
Sätze des materiellen Rechts, bei dem sie in allen ihren Einzelheiten über- 
haupt nur entwickelt und dargestellt werden können. Auch die sog. „Um- 
drehung der Beweislast“ erfolgt doch nur kraft eines, von dem gewöhnlichen 
abweichenden und der besonderen Gestaltung des Sachverhalts sich anpassen- 
den Rechtssatzes (der Käufer hat z. B. schuldvollerweise die Probe ab- 
handen gebracht), wie ich das in meiner Schrift über „Treu und Glauben“ 
(8. 175) versucht habe darzutun. Doch gebe ich zu, dass der Prozesslehrer 
alle Veranlassung hat, die Beweislastregeln mitzubehandeln, ebenso etwa, wie 
die Stellung des Richters dem durch Gesetz und Vertrag „gesetzten“ Rechte 
gegenüber seiner nach Treu und Glauben rechtsergänzenden oder auslegen- 
den Tätigkeit (BGB 88 242, 157), — ein Punkt, den ich wiederum in Weıs- 
MANNS Prozesslehre vermisse. Wenn der Zivilprozess das Verfahren ist, das 
dem Privatrechte Geltung verschaffen soll, so ist es doch wohl ein höchst
	        
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