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fahrens“, „Interessenmehrheit bei einheitlichem Verfahren“; endlich „Kosten-
pflicht“. Das einzelne wird von knappen geschichtlichen Rückblicken begleitet
und überall wird auf ein Verstehenlernen des inneren Zusammenhangs der
Rechtssätze, z. B. über Schriftlichkeit und Mündlichkeit (8 47) hingearbeitet;
auch Tagesfragen (Prozessverschleppung — 8. 185, 196, 201 ff.) werden gestreift.
Solch allgemeines Urteil muss an dieser Stelle genügen; es darf die
Erörterung von Einzelheiten den prozessualischen Fachzeitschriften über-
lassen bleiben. Nur folgende Bemerkungen mögen hier noch gestattet sein.
Wenn die Grundregel der Verhandlungsmaxime, von der ja unser
Zivilprozessrecht einen Teil seiner Grundsätze ableitet, dem Verfahren leicht
das Aussehen gibt, als ob es aus lauter für die Gerichte unantastbaren Par-
teiverfügungen sich zusammensetze und als ob ein „selbständiges energisches
Eintreten des Richters im Zivilprozesse* (KoHLER) ein schwerer Missgriff
sei, so hätte nach meinem Geschmack der Verf. seine Leser mehr ahnen
lassen können, dass es sich im Gegensatze dazu vor allem um ein Recht des
Kampfes zwischen den Parteien handelt, das eine scharfe und feste
Leitung durch das Gericht erfordert; und dass die Staatsbehörde die
Pflicht hat, innerhalb der von dem Streitfall gezogenen Grenzen mit allem
Nachdrucke und ohne ängstlichen Hinblick auf jenen Schulbegriff die Wahr-
heit und damit das gute Recht an den Tag zu bringen. Um darüber nicht
ım Zweifel zu lassen, bedarf es für die Lehre vor allem einer weit schärferen
Betonung der richterlichen Rechte und Pflichten nach 88 139 ff. ZPO, als man
sie auch bei WEISMAnN (S. 132) findet. Und es ist ferner unzutreffend, den
Kämpfenden die Wahrung von „Treu und Glauben“ abzuverlangen (8. 112).
Dieser Gedanke hat denn auch den Verf., wie einst das Reichsoberhandelsgericht
(Entscheidungen Bd. XXII, S. 81) dahin geführt, ein „allgemeines und vages
Bestreiten“ im Prozesse für unzulässig zu erklären, während ihm doch nicht
ein solches Gebot, sondern nur die richterliche Würdigung nach 8 286 ZPO
entgegenzutreten vermag und entgegentreten soll!
Die Beweislastregeln halte ich im Gegensatze zum Verf. (S. 127) für
Sätze des materiellen Rechts, bei dem sie in allen ihren Einzelheiten über-
haupt nur entwickelt und dargestellt werden können. Auch die sog. „Um-
drehung der Beweislast“ erfolgt doch nur kraft eines, von dem gewöhnlichen
abweichenden und der besonderen Gestaltung des Sachverhalts sich anpassen-
den Rechtssatzes (der Käufer hat z. B. schuldvollerweise die Probe ab-
handen gebracht), wie ich das in meiner Schrift über „Treu und Glauben“
(8. 175) versucht habe darzutun. Doch gebe ich zu, dass der Prozesslehrer
alle Veranlassung hat, die Beweislastregeln mitzubehandeln, ebenso etwa, wie
die Stellung des Richters dem durch Gesetz und Vertrag „gesetzten“ Rechte
gegenüber seiner nach Treu und Glauben rechtsergänzenden oder auslegen-
den Tätigkeit (BGB 88 242, 157), — ein Punkt, den ich wiederum in Weıs-
MANNS Prozesslehre vermisse. Wenn der Zivilprozess das Verfahren ist, das
dem Privatrechte Geltung verschaffen soll, so ist es doch wohl ein höchst