Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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wichtiger Teil seiner Lehre, wie in ihm der Richter den Rechtssatz auf den 
Tatbestand anzuwenden habe?! 
Im engen Zusammenhange mit der Beweislastfrage steht die sog. „Sub- 
stanziierung“ des Parteivorbringens (S. 111, 127; auch S. 168, 169). Es muss 
immer scharf betont werden, — wie O. BAEHR mit Recht hervorgehoben 
hat, — dass diese Anforderung ganz nach dem jeweiligen Stande der ein- 
zelnen Behauptungen hüben und drüben wechselt. In dem einen Falle ge- 
nügt die Behauptung von „Kauf und Lieferung“, wo im andern die ihnen 
unterliegenden tatsächlichen Vorgänge bis ins einzelne anzugeben sind. 
Hierauf, auf die wechselnde Bedeutung dieses vielgequälten Wortes, kann bei 
Anfängern nicht genug hingewiesen werden, während anderseits dem Praktiker 
die Pflicht, durch das Fragerecht die „Behauptungen“ tunlichst in ihre tatsäch- 
lichen Unterlagen auflösen zu lassen, immer wieder ans Herz gelegt werden muss. 
Zu S. 56 II (ungenügende Klagebegründung) hätte ich eine deutliche 
Bezugnahme auf die Lehre von den Prozessvoraussetzungen (S. 86 I, 1 und 
VII) und auf das Gebot der Abweisung angebrachtermassen gewünscht. Ich 
weiss aus Erfahrung, welche Schwierigkeiten und Irrtümer sich an diesen 
Punkt knüpfen. 
Obwohl das öffentlichrechtliche Wesen der „Prozesshandlungen* vom 
Verf. sehr nachdrücklich betont wird (S. 20, 298), so ist er doch gegen die 
Auffassung, dass sie „zugleich materielle Rechtsgeschäfte“ sein könnten 
(S. 104, 299), nachgiebig. Er gelangt dadurch zu einem meines Erachtens 
unzutreffenden Ergebnisse über die Anfechtung wegen Irrtums im Prozesse; und 
dieses darf man gerade als den Prüfstein der Richtigkeit jener Ansicht ansehen. 
Bleibt im wesentlichen allerdings der Praxis die Schulung in der Hand- 
habung der Prozesseinrichtungen vorbehalten, so muss doch meiner Annahme 
nach auch ein Lehrbuch schon gewisse Ein- und Ausblicke in und auf sie 
eröffnen, z. B. darüber aufklären, was es eigentlich mıt der Eideszuschiebung 
auf sich hat, die doch wie ein böses Erbteil aus formalistischen Zeiten un- 
serem Prozessrechte anhaftet und längst durch einen Sturm der Entrüstung 
hinweggefegt wäre, wenn nur unsere gebildeten Kreise mehr Verständnis und 
Teilnahme für das Prozesswesen zeigten! — 
Wie schon angedeutet, erklärt der Verf. im Vorworte sein Werk in 
erster Linie für ein Lehrbuch, das den jungen Juristen einführen solle „in 
die erfahrungsgemäss für den Anfänger besonders schwierige Materie des 
Zivilprozessrechts“ und „ihn als Berater in den Vorbereitungsdienst be- 
gleiten“ möge. Es sei aber auch ein hoffentlich nicht zu kühner Wunsch, 
dass es sich auch für den Praktiker als brauchbar erweise, „der das Bedürfnis 
empfindet, eine Einzelfrage, die ihn beschäftigt, in ihrem systematischen Zu- 
sammenhange zu überdenken“. 
Ich zweifle nicht, dass der Verf. in beiden Richtungen seinen Wunsch 
erfüllt sieht! 
Stettin. K. Schneider.
	        
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