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einem Obergerichte gehörender Richter nur auf Grund einer von
beiden Parlamentshäusern an die Krone gerichteten Petition ab-
gesetzt werden kann, vereint mit der Tatsache, dass die erwähnten
Obergerichte Gewalt haben, in die Tätigkeit der Verwaltungs-
behörden einzugreifen, insoweit dieselben das Gesetz verletzen oder
eine ihnen vom Gesetze auferlegte Aufgabe nicht erfüllen, haben
jedenfalls verhindert, dass die herrschende Clique ihre Gewalt in
anderer als gesetzmässiger Weise ausübte.
Wenn aber auch in der erwähnten Weise die strenge Gesetz-
mässigkeit der Verwaltungstätigkeit gesichert wurde, so fehlte
es doch an jedem Anstoss, die Verwaltung für die öffentliche
Wohlfahrtspflege in ausgedehnterer Weise zu verwerten. Diesen
Anstoss gab die Entwicklung des Radikalismus, welche, teilweise
durch politische, teilweise durch literarische Einflüsse begünstigt,
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihren Anfang nahm
und seitdem — von einem kurzen durch die Napoleonischen
Kriege veranlassten Rückschlag abgesehen — stetige Fortschritte
machte. Diese Entwicklung, welche zunächst die Reform des
Wahlrechts und in ihrem unmittelbaren Gefolge die Umgestaltung
der Armenpflege und eine auf öffentlicher Wahl beruhende Ver-
waltung der Stadtgemeinden herbeiführte, dann auch die länd-
liche Kommunalverwaltung ergriff und zu einer ausgedehnten
Erweiterung der Aufgaben der Verwaltungskörper den Anlass
gab, wird von REDLICH in höchst vollendeter Weise geschildert.
Von besonderem Interesse ist hierbei die Würdigung der Be-
deutung der philosophischen Gruppe, die als Utilitarier bezeichnet
werden, und welche unter der Führung BENTHAMs zu einer voll-
ständigen Umwandlung der in England herrschenden politischen
Theorien den ersten Anstoss gaben. Es geht vielleicht etwas
zu weit, wenn REDLICH sagt, dass „das System der modernen
Organisation der inneren Verwaltung Englands in seinen Grund-
gedanken sowie selbst in seinen Einzelheiten nichts anderes als
eine Verwirklichung der Ideen BENTHAMs“ ist, aber es ist jeden-