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e contrario gelangen kann, lässt sich aus dem sachsen-weimarischen
Gesetz ableiten, dass, wo eine ausdrückliche Bestimmung, wie sie
in ihm zum Ausdruck gebracht wird, fehlt, also in Preussen —
und demnächst im Reich — die Legislaturperiode mit Notwendig-
keit am Tage der allgemeinen Wahlen beginne. Wir haben es
also mit einem neutralisierten und deshalb beweisunkräftigen con-
trarium zu tun.
Betrachtet man weiter die Stellung der gedachten Bestim-
mungen des preussischen Rechts im System der Verfassung, so
erscheint es immerhin auffallend, dass sie gerade inmitten der
die Wahl regelnden Normen ihren Platz gefunden haben, und
der Gedanke an einen inneren Zusammenhang zwischen dem Be-
ginn der Legislaturperiode und dem Vollzug der Wahl lässt sich
kaum von der Hand weisen. Endlich spricht noch für die hier
vertretene Ansicht die Form der königlichen Verordnung wegen
Einberufung der beiden Häuser des Landtags; sie lautet: „... Die
beiden Häuser des Landtags der Monarchie, das Herrenhaus
und das Haus der Abgeordneten, werden auf den ... zusammen-
berufen...“ und findet auch dann Anwendung, wenn es sich um
den erstmaligen Zusammentritt des neugewählten Abgeordneten-
hauses handelt!®. Sollte wirklich angenommen werden, dass der
König ein nicht vorhandenes Haus der Abgeordneten beruft?
Sollte man nicht eher auch hierin einen Beweis dafür erblicken,
dass das Abgeordnetenhaus auch in der Zeit vor seinem erst-
maligen Zusammentritt existiert ?19
18 Vgl. z. B. Verordnung wegen Einberufung der beiden Häuser des
Landtages vom 30. Dez. 1903 (GS S. 253).
1% Im Ergebnis stimmen mit der hier vertretenen Ansicht ausser den
Angeführten überein: von RÖNNE-ZorRn, Das Staatsrecht der preussischen
Monarchie Bd. 1 (5. Aufl. Leipzig 1899) S. 305; G. Meyer, Lehrbuch des
deutschen Staatsrechts (ö. Aufl. Leipzig 1899) S.288; ScHULZE, Das preussische
Staatsrecht Bd. 1 (2. Aufl. Leipzig 1888) S. 590, insbesondere Anm. 1;
SCHWARTZ, Die Verfassungsurkunde für den preussischen Staat (2. Ausg.
Breslau 1898) S. 222 ff. — Vgl. auch von Mon, Das Staatsrecht des König-