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adel unterscheiden sich dadurch, dass jener von väterlicher Seite
seit unvordenklicher Zeit vererbt, dieser nachweislich verliehen
worden ist. Uradel kann ganz neuer Adel sein (wenn die Mutter
bürgerlich ist), Briefadel sehr alter Adel.“ GiERKE führt sehr
richtig als die gleiche Lehre vertretend an: R. G. TELGMANN,
„Von der Ahnenzalıl“, Hannover 1733; Runpe 88 375ff.; EıcH-
HORN 88 68 und 69); MITTERMAIER $ 71; BESELER 8 174; STOBBE
1 373, GrAF und DIETHERR I 98 und 99. — Diese Begrifts-
bestimmung GIERKEs über den Begriff „alter Adel“ ist die allein
richtige, und wenn 100 andere Rechtsgelehrte das Gegenteil be-
haupten. Von Moser bis EICHHORN hat niemals ein adelsrechts-
kundiger Staatsrechtslehrer den Begriff des alten Adels anders
wie gleichbedeutend mit Ahnenadel verstanden.
Der Gegensatz von „altem“ Adel ist eben nicht „junger“
Adel, sondern „neuer“ Adel.
Nun wird man zugeben können, dass da, wo der Begriff
alter Adel nicht im Rechtssinne, sondern im geschichtlichen
Sinne gebraucht wird, darunter etwas anderes als Ahnenadel
verstanden werden kann. Dann aber ist alter Adel gleichbe-
deutend mit Uradel; eine andere Begriffsbestimmung ist unmöglich.
Uradel oder alter Adel im geschichtlichen Sinne ist derjenige
Adel, der nicht nur nicht nachweisbar Briefadel ist, sondern
überhaupt nicht Briefadel sein kann, weil er sich bereits zu einer
Zeit nachweisen lässt, in der die Einrichtung der Adelsbriefe und
somit die des Briefadels überhaupt noch unbekannt war. Der
früheste bekannte Adelsbrief ist der des Kaisers Karl IV. d. d.
Mainz 30. Sept. 1360 für Vycker Frosch. Demzufolge wird
von vielen derjenige Adel, der bereits vor 1360 nachweisbar ist,
als Uradel bezeichnet. Andere gehen davon aus, dass es Kaiser
Karl IV. war, unter dem die Einrichtung des Briefadels aufkam,
und dass Kaiser Karl IV. vom Jahre 1346 ab regierte. Sie
wählen das Jahr 1346 als Grenzjahr. Vielfach wird, wie z. B.
von der Schriftleitung der Gothaischen genealogischen Taschen-
Archiv fur Öffentliches Recht. XIX. 2. 17