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Immer sind es, ausser solchen weltlichen Fürsten, die un-
mittelbar beteiligt waren, die geistlichen Herren, welche für die
Ebenbürtigkeit derjenigen Adelskreise, aus denen sie selbst stamm-
ten, gegen die strengere Ebenburtsvorstellung der weltlichen
Reichsfürsten auftreten.
Es ist auch ganz deutlich, dass PÜTTER und seine Schule
die Vertreter der Meinung der weltlichen Fürsten hinsichtlich
der Ebenbürtigkeit waren, während MosER und seine Schule die
mildere Ansicht der geistlichen Fürsten verfochten. Wo bleibt
jedenfalls gegenüber den zweifellosen Aussprüchen von MosER
und von seinen Anhängern, welche immer von altem Adel gleich
Ahnenadel reden, und nur den letzteren für ebenbürtig halten,
wo, gegenüber so vielen Hausgesetzen des hohen Adels, welche
zwar niederen Adel für ebenbürtig erklären, aber eine Ahnen-
probe, d. h. stiftsmässigen Adel voraussetzen, wo bleibt endlich
gegenüber den Bestimmungen so vieler Fideikommisserrichtungs-
urkunden im 17. und 18. Jahrhundert, dass der Fideikommiss-
erbe eine Mutter haben müsse, welche dem stiftsmässigen
Adel angehört, — die Behauptung REenms: „Eine stiftungsmässige
Ahnenprobe ist niemals ein Institut des deutschen Fürstenrechts
gewesen“ ?
Schliesslich soll nur noch darauf hingewiesen werden, dass bis
heute fortwährend sowohl in rechtswissenschaftlichen wie in
adelsgeschichtlichen Werken die untereinander so grundverschie-
denen, einfachen Grundbegriffe der Abstammungskunde: die
„Stammtafel“ und die „Ahnentafel“ miteinander verwechselt
werden. Man vergleiche hierüber LORENZ a. a. O. 8. 77 ft.
Derartige Entgleisungen in adelsgeschichtlicher und genea-
logischer Beziehung bei der Behandlung des Staatsrechts reden
eine eindringliche Sprache. Sie beweisen, dass der Staatsrechtler
von Fach in Zukunft nicht umhin können wird, sich mit der
Genealogie und ihrer Arbeits- und Forschungsweise mehr als
bisher zu beschäftigen. Sie lassen deutlich erkennen, dass ein