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Recht bezogen, gelten analog für das Reichsrecht, insbesondere
für den Art. 24. Satz 1 RV, welcher dem Art. 73 Preuss. Verf.
vollinhaltlich entspricht und sich auch historisch unstreitig als
eine Uebernahme desselben darstellt. So entspricht auch, soweit
sein Inhalt hier in Betracht kommt, der 8 14 WahlG vom 31. Mai
1869 dem 8 28 Preuss. WahlV vom 30. Mai 1849, Ebenso
ist die kaiserliche Verordnung betr. die Einberufung des Reichs-
tags in ihrer Fassung konform der königlichen Verordnung wegen
Einberufung der beiden Häuser des Landtags; denn sie lautet:
y: . der Reichstag wird berufen, ... . zusammenzutreten, . .*,
auch wenn es sich um den Zusammentritt zur ersten Session
einer neuen Legislaturperiode handelt?®. Mithin muss das in
Bezug auf jene Bemerkte ebenmässig auf diese Anwendung
finden.
Auch ist noch auf Art. 20 Abs. 1 hinzuweisen, welcher
bestimmt: „Der Reichstag geht aus... . Wahlen hervor.“
Für das Reichsrecht wird nun gegenüber der hier vertre-
tenen Ansicht geltend gemacht: es sei die Vornahme der Wahl
eines neuen Reichstages vor Ablauf der Legislaturperiode des
alten zulässig, weil die Reichsverfassung eine dem Art. 75 Satz 1
Preuss. Verf. entsprechende Bestimmung nicht enthalte; es.
könnten aber nicht zwei Reichstage als nebeneinander bestehend
angenommen werden, mithin könne in diesem Falle und infolge-
dessen auch in allen übrigen Fällen „die Legislaturperiode der
Neugewählten“ nicht mit dem Tage der Wahl beginnen®!. Diese
Schlussfolgerung beruht auf einer petitio principi: Es fehlt der
Beweis für die Zulässigkeit derartig frühzeitiger Wahlen, welcher
auch nicht geschöpft werden kann aus dem Fehlen einer mit dem
Art. 75 Satz 1 Preuss. Verf. korrespondierenden reichsverfassungs-
rechtlichen Norm. Ein solches argumentum e contrario liegt
” Vgl. z. B. Verordnung, betr. die Einberufung des Reichstags, vom
23. Nov. 1903 (RGBI. S. 289).
®ı HERRFURTH a. 8. O. S. 4.