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lungsgeschichte legt den Gedanken nahe, zu dem Betriebszwange
des gemeinen deutschen Bergrechts in der modernen Gestalt des
heutigen sächsischen und österreichischen Bergrechts zurückzu-
kehren, zumal unter der Herrschaft dieser Gesetze über „Unsicher-
heit und ungenügenden Kredit des Bergwerkseigentums“ noch nie-
mals geklagt worden ist. Schon im Jahre 1886 — also zu einer Zeit,
wo von dem Westfälischen Kohlensyndikate und dessen Gefahren
noch keine Rede war, aber die Freiberger Silberbergwerke aus
sozialpolitischen Gründen vom Staat aufgekauft und in fiskalischen
Betrieb genommen wurden — schrieb der leider zu früh verstor-
bene Bergrechtslehrer LEUTHOLD!®? prophetisch hierüber folgendes:
„Seitdem während der letzten 30 Jahre der grossartige
Aufschwung des gesamten industriellen Lebens sich vollzogen
hat und das Geldkapital nur dann Neigung zeigt, sich einem
Industriezweig zuzuwenden, wenn es in demselben frei schalten
und walten kann, wird, wie in andern Ländern, auch in Oester-
reich den gesetzlichen Vorschriften bezüglich steten Betriebes
in verliehenen Feldern von der Praxis nur noch geringe Be-
achtung geschenkt, und nach dem Vorgange des französischen
und preussischen Rechtes die Beschränkung des Betriebszwanges
auf diejenigen Fälle für geboten erachtet, in welchen die Unter-
lassung oder Einstellung des Betriebes nach der Entscheidung
der Bergbehörde überwiegende Gründe des öffentlichen Inter-
esses entgegenstehen. Selbst eine derartige Bestimmung aber
dürfte unter den heutigen Verhältnissen nur höchst selten zur
Anwendung kommen, zumal für manche Einzelfälle, in welchen
das allgemeine Wohl die Forterhaltung einer Bergwerksindustrie
erheischt, die Uebernahme der letzteren in den Staatsbetrieb
vom Standpunkte der dermalen bestehenden Anschauungen als
das einfachere und wirksamste Mittel erscheint.
18 Dr. jur. C. E. LeutuoLn, Bergamtsdirektor zu Freiberg (Sachsen), Das
österr. Bergrecht in seinen Grundzügen, Prag (F. Tempsky) und Leipzig
(G. Freytag) 1887 8 40 II S. 202—205.