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schon dem sozialdemokratischen Gedanken, weshalb die sozial-
demokratische Arbeiterschaft der Anregung hierzu immer willig
gefolgt ist und folgen wird, so muss die gesetzliche Organisation
der Kassen, wie wir gesehen haben, mit Notwendigkeit dazu ge-
langen, dass die Verwaltung, deren Organe die Arbeiterschaft in
der Generalversammlung wählt, überwiegend sozialdemokratischer
Gesinnung ist. Nun mag es sein, dass auch die der Sozialdemo-
kratie angehörigen Vorstandsmitglieder der Kassen als solche das
Wohl ihrer Kasse zunächst über die Politik stellen, allein es
gibt so viele Punkte, in welchen nach der Ansicht der sozial-
demokratischen Mehrheit in der Kassenverwaltung das Kassen-
interesse mit dem der Sozialdemokratie zusammenfällt, dass dies
vielfach zur Leitung der Kasse in rein sozialdemokratischem Sinne
führte, dass die in der Minderheit befindlichen nicht sozialdemo-
kratischen Mitglieder des Kassenvorstands hierbei machtlos zu-
sehen müssen und von ihrem Ausscheiden nur Abstand nehmen,
um einigermassen ein Gegengewicht gegen das Uebergewicht der
andern Seite aufrecht zu erhalten. Auf diese Weise sind in den
grossen Ortskrankenkassen, das darf man nicht verkennen, sozial-
demokratische Gebilde in unserem konstitutionellen Rechtsstaate
entstanden, denen gegenüber den Behörden die Hände gesetzlich
gebunden sind, solange sie ihren gesetzlichen Verpflichtungen
nachkommen.
Wenn ich vorher auch von der bedenklichen wirtschaft-
lichen Seite der grossen Kassenorganisationen sprach, so will
ich nur auf folgendes aufmerksam machen. Je mehr die Kasse
ihren Mitgliedern leistet, auf um so grösseres Vertrauen der
Kassenmitglieder hat der Kassenvorstand bei seinen Massnahmen
zu rechnen, um so gefügiger sind die Kassenmitglieder, wenn der
Kassenvorstand diese oder jene Entschliessung der Generalver-
sammlung, sei es auch aus politischen Gründen, herbeiführen
will. So wird es dem Kassenvorstande leicht möglich sein, Be-
schlüsse durchszusetzen, welche zwar einerseits dem Interesse der