Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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der Schlusssitzung überhaupt erst nach Ablauf von fünf Jahren 
— gleichviel ob vom Tage der Wahl oder vom Tage des ersten 
Zusammentritts an gerechnet — bestimmbar ist. Unzweifelhaft 
konnte der am 15. Juni 1898 gewählte Reichstag auch nach dem 
30. April 1903 auf jeden vor dem 16. Juni 1903 liegenden Tag 
zu einer weiteren Session berufen werden”!, 
2. Durch Auflösung. 
Ausserordentlicher Beendigungsgrund ist die Auflösung. 
Dieselbe erfolgt in Preussen durch den König in der Form einer 
königlichen Verordnung”?, im Reich durch Beschluss des Bundes- 
rates unter Zustimmung des Kaisers”, und zwar in der Form 
einer kaiserlichen Verordnung ’*. 
Tuupıchum’5 erachtet, weil es an einem Verbot fehle, die 
Regierung für berechtigt, „in dringenden Fällen“ die Volksver- 
1 Dies nimmt auch ArnDT, Ueber Anfang, Unterbrechung und Schluss 
der Legislaturperioden a.a. O. S. 740, an, woselbst er die Zulässigkeit einer 
Berufung des Parlaments nach dem Schluss der Legislaturperiode 
behauptet! 
2 Verf. Art. 51. 
32 Verf. Art. 24. Die Formel lautet: „Wir (Wilhelm) .... verordnen 
auf Grund des nach Artikel 24 der Reichsverfassung unter Unserer Zustim- 
mung gefassten Beschlusses im Namen des Reichs, was folgt: Der Reichstag 
wird hierdurch aufgelöst. Urkundlich .. .“ 
”%* ARNDT, Anfang und Ende des deutschen Reichstags (Das Recht 
VII. Jahrg. 1903) S. 197, Ueber einige parlamentarische Streitfragen (Das 
Recht VII. Jahrg. 1903) S. 301, Ueber Anfang, Unterbrechung und Schluss 
der Legislaturperioden a. a. O. S. 739, folgert aus Art. 24 Satz 2 RV, 
welcher die Voraussetzungen der Auflösung des Reichstages während der 
Legislaturperiode bestimmt, dass es auch eine Auflösung des Reichstages 
ausserhalb der Legislaturperiode geben müsse: dies sei die Auflösung durch 
die Anordnung der Neuwahlen! — In Wahrheit kennt aber die Verfassung 
nur die im Text dargelegte Form der Auflösung, zur Annahme einer weiteren 
Form bietet sie keine Handhabe; und der Zusatz „während derselben“ (d.h. 
der Legislaturperiode) wäre an sich als selbstverständlich entbehrlich, da die 
Existenz eines Reichstages mit der Existenz einer Legislaturperiode zu- 
sammenfällt, 
”A.a.0.S. 165.
	        
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