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ist, hat einen Vorschlag das Zentrum aufgenommen und ihm damit Eingang
in die Politik verschafft: den Vorschlag nämlich, die Finanzerträge der Ge-
treidezölle für eine Witwen- und Waisenversicherung der Arbeiter zu ver-
wenden. Meines Erachtens ein gefährlicher Eingriff in die Reichsfinanz-
ordnung, der sich durch noch so berechtigte soziale Sentiments nicht recht-
fertigen lässt. Denn der Gedanke, die Steuererträge nach dem vermeint-
lichen Ursprung zu klassifizieren und sie dann denjenigen Volksteilen in
irgend einer Form wieder zuzuführen, welche die Erträge geliefert haben
sollen, kann schliesslich zu heillosen finanzpartikularistischen Konsequenzen
führen.
Noch einige Worte zum Schluss über die drei Bände im ganzen! Sie
bringen uns ein ausgezeichnetes Tatsachen- und Gedankenmaterial, aber sie
weisen — wofür freilich der Verein nicht aufzukommen hat — trotz alledem
grosse Lücken auf. Oesterreich, Italien, Rumänien, Frankreich, Spanien, Bel-
gien, Argentinien sind ganz unberücksichtigt geblieben, weil es an Mitarbeitern
für diese Gebiete gefehlt hat, und gerade diese Gebiete sind durchweg dem
Politiker und Volkswirt ausserordentlich dunkel. Der Mangel ist also dop-
pelt fühlbar, hoffen wir auf die nächste Gelegenheit. Für das, was Wissen-
schaft und Oeffentlichkeit schon jetzt erhalten haben, dürfen im übrigen beide
dankbar sein. Freilich heisst es von den vielen Arbeiten: quot capita, tot
sensus, und es wird nichts weniger als ein einheitliches System der Wirt-
schafts- und Handelspolitik geboten. Da das jedoch auf keinem Gebiete der
Nationalökonomie, wie der Wissenschaft überhaupt, geboten wird, muss man
schon annehmen, dass alles das keinen Mangel, sondern einen Vorzug dar-
stellt, der in der Vielseitigkeit der menschlichen Geistestätigkeit begründet ist.
Dr. Hugo Böttger.
Born, A. Kpgl. Polizei-Assessor in Königsberg i. Pr., Das Preussische
Baupolizeirecht nebst den einschlägigen Bestimmungen
des Ansiedelungs-, Feld- und Forstpolizei-, Waldschutz-
und Deichgesetzes, sowie dem Fluchtlinien-, Rayongesetz
und dem Gesetz über die Zulässigkeit des Rechtsweges
gegen polizeiliche Verfügungen. Kommentar unter eingehender
Berücksichtigung der Entscheidungen des Reichsgerichts, Oberverwal-
tungs- und Kammergerichts. Gr. 8° (VII, 491 S.). Berlin, J. Gutten-
tag, 1902. 10 M., geb. in Leinw. 11 M.
Dass eine allgemeine Zusammenstellung der gegenwärtig für das Bau-
polizeirecht wesentlichen Vorschriften, verbunden mit den nötigen Erläute-
rungen, einem Bedürfnis sowohl der Praxis wie des Studiums entspricht, ist
zweifellos. Gemangelt an einer solchen hat es jedoch nur hinsichtlich der
Rechtsentwicklung der letzten 30 Jahre. Für die ältere Zeit genügt wohl
auch heute noch „Die Baupolizei des Preussischen Staates“ von v. Rönxe