Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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treter noch vorläufig weiter als solche anzusehen und ihre Mit- 
wirkung anzurufen. Indessen widerspricht diese Meinung dem 
Begriffe der Auflösung’”®, welche doch gerade ein Mehr ist als 
die Schliessung. Auflösung heisst Vernichtung der Abgeord- 
neteneigenschaft der Mitglieder des Parlaments. Ist die Ver- 
nichtung einmal erfolgt, so kann die Wiederherstellung nicht durch 
die Regierung, sondern nur durch die Wähler stattfinden. Dies 
setzen auch die Verfassungen als selbstverständlich voraus, wenn 
sie in unmittelbarem Anschluss an die Regelung der Auflösung 
Bestimmung über den Zeitraum treffen, innerhalb dessen die 
Wähler nach stattgehabter Auflösung versammelt sein müssen ’”. 
Und das von TaupıcHum vermisste Verbot ist eben durch den 
Begriff der Auflösung gegeben’”®, 
Es bleibt endlich noch die Frage zu beantworten, ob ein 
noch nicht berufenes Haus aufgelöst werden kann. Sie 
wird verschieden ausfallen, je nachdem man den Tag der all- 
gemeinen Wahlen oder den Tag des ersten Zusammentritts als 
existenzbegründend ansieht. So verneint denn die Frage durch- 
aus konsequent BORNHAK mit der Begründung: „Etwas nicht 
Vorhandenes kann auch nicht vernichtet werden“”®, Nicht folge- 
richtig ist es, wenn FRHR. VON STENGEL®® die Auflösung eines 
noch nicht zusammengetretenen, also nach seiner Ansicht noch 
nicht existierenden Abgeordnetenhauses — und das gleiche muss 
für den Reichstag gelten — für zulässig erklärt: ein Parlament, 
7% Uebereinstimmend von SEYDEL, Kommentar a. a. O. S. 205; LaBanp, 
Staatsrecht a. a. O. Bd. 1 S. 319; Zorn, Das Staatsrecht des Deutschen 
Reiches Bd. 1 (Berlin 1895) S. 221; Arnpr, Verfassungsurkunde a. a. O. S. 199; 
Verfassung des Deutschen Reichs a. a. O. S. 164; Staatsrecht a. a. O. S. 136. 
7 Preuss. Verf. Art. 5l, RV Art. 25. 
78 voN SEYDEL a. a. OÖ. 8. 205£. 
® A. a. O. Bd. 1 S. 292f. Ebenso neuerdings auch Arnpt, Ueber 
Anfang, Unterbrechung und Schluss der Legislaturperioden a. a. O. S. 738. 
Entsprechend: Verfassungsurkunde a. a. O. S. 199. 
A, a. 0. S. 86.
	        
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