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politisch unsicheren Elementen, die man aber — wenn man sie als Schöffen
und Beisitzer an einer geregelten Rechtsprechung teilnehmen liesse — all-
mählich vielleicht zu brauchbaren Gliedern der Eingeborenenrechtspflege
heranziehen könnte.“ Neuerdings spricht sich auch ein sehr beachtenswerter
Artikel in der Berliner „Post* im Hinblick auf die südwestafrikanischen Er-
fahrungen mit aller Entschiedenheit gegen den Fortbestand der Gerichtsbar-
keit eingeborener Häuptlinge aus (28. September 1904).
Im einzelnen muss die Regelung dieser Gerichtsbarkeit dem Herkommen
und örtlicher Verordnung überlassen bleiben.
87.
Zuständig ist dasjenige Gericht, in dessen Bezirk der Ver-
brecher ergriffen wurde. Dasselbe ist jedoch befugt, ihn an das
Gericht des Begehungsortes auszuliefern, soferne die Durch-
führung der Verhandlung dort wesentlich erleichtert erscheint.
Kompetenzkonflikte entscheidet der Gouverneur.
Der Entwurf des Kolonialrats Art. 18 will zwei konkurrierende Gerichts-
stände, das forum delicti commissi und domicilii annehmen. Vorstehender
Vorschlag dürfte vielleicht den Vorzug grösserer Einfachheit für sich haben.
88.
Das Gericht besteht aus dem mit der Ausübung der Ge-
richtsbarkeit betrauten Beamten und einem Gerichtsschreiber.
Von der Beiziehung eines Gerichtsschreibers kann aus wich-
tigen Gründen abgesehen werden.
Bei jeder Entscheidung sollen zwei angesehene Eingeborene
als Beisitzer an der Verhandlung teilnehmen. In Fällen, in
denen dies nicht möglich ist, sind die Gründe kurz in dem Pro-
tokoll zu vermerken, desgleichen wenn ein Gerichtsschreiber nicht
zugezogen werden konnte.
Polizeiübertretungen oder strafbare Handlungen, die mit
höchstens zwei Monaten Freiheits- oder einer entsprechenden
andern Strafe bedroht sind, kann der Richter allein beurteilen.
Der Kolonialrat und ebenso Kamerun verlangen einen weissen Gerichts-
schreiber. Ein solcher wird nicht immer zur Hand sein, es kann ausserdem