Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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8 61. 
Farbige Beamte, welche die ihnen anvertraute Gewalt 
wissentlich missbrauchen oder ihr Amt eigennützig ausbeuten, 
insbesondere sich für Verletzung ihrer Amtspflicht Geschenke 
oder andere Vorteile versprechen lassen, werden mit Kettenhaft 
nicht unter sechs Wochen bestraft. 
8 62. 
Dorfälteste, Häuptlinge, Priester, welche die Religion oder 
den Aberglauben der Bevölkerung dazu benützen, Handlungen 
anzuordnen oder zur Begehung von Handlungen aufzufordern, 
die mit Strafe bedroht sind, werden mit Vermögensstrafe bis 
zum Werte von 10000 Mark bestraft. Die Strafbarkeit der 
genannten Personen gemäss 8 28 Abs. 2 wird hierdurch nicht 
berührt. 
Durch Verordnung des Gouverneurs kann angeordnet wer- 
den, dass für bestimmte strafbare Handlungen der Angehörigen 
eines Stammes oder Dorfes unbeschadet der Strafbarkeit des 
Täters den Häuptling oder Dorfältesten die Verantwortung trifft. 
Wird ein derartiges Verbrechen begangen, so ist der Häuptling 
oder die verantwortliche Person mit Vermögensstrafe bis zum 
Werte von 10000 Mark zu belegen. 
Dieser Paragraph verfolgt den Zweck, strafbare Handlungen der Ein- 
geborenen, die bisher durch Sitte oder durch Religion sanktioniert waren, 
zu bekämpfen und langsam auszurotten. Es liegt auf der Hand, dass gerade 
hier der Einfluss der Häuptlinge und Priester weit mächtiger wirken kann 
als die Beamten, Mission und Schule. Ihre Mitwirkung ist daher unent- 
behrlich und muss gegebenen Falles auch erzwungen werden. Als Zwangs- 
mittel sind aber Freiheitsstrafen, die das Dorf des Führers berauben und 
unter Umständen der Unordnung preisgeben, nicht zweckmässig, während 
durch hohe Vermögensstrafen ein sehr wirksamer Druck ausgeübt wird, der 
sich auch dem Dorfe fühlbar macht, auf welches der Häuptling die Strafe wohl 
zum grossen Teile umlegen wird. Der zweite Absatz ist der englischen 
East Afrika ordinance entnommen und soll sich dort wohl bewährt haben.
	        
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