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selbständigen Behörden, sondern von den für die allgemeine
Militärverwaltung zuständigen Behörden, nämlich für die Marine
von dem Reichsmarineamt, für das Landheer von den Kriegs-
ministerien, wahrgenommen wird. Nur das Reichsmilitärgericht
und die Militäranwaltschaft unterstehen in dieser Beziehung dem
Präsidenten des Reichsmilitärgerichts ($ 111).
Aus alledem ergibt sich, dass die Militärstrafgerichtsbarkeit
formell dem Behördenorganismus der Militärverwaltung eingeglie-
dert ist. Nach ihren Funktionen scheidet sich die Staatsgewalt
im Bereiche der Militärhoheit in rechtsprechende und Verwal-
tungstätigkeit. Aber der materiellen Scheidung entspricht nicht
eine formelle der Behörden. Es gibt auf dem Gebiete der Militär-
strafjustiz mit Ausnahme des Reichsmilitärgerichts keine selb-
ständigen Behörden, die ausschliesslich oder nur in vorwiegenden
Masse eine rechtsprechende Tätigkeit ausüben. In diesem Sinne,
aber auch nur in diesem Sinne, kann man, wie dies häufig ge-
schieht, die Miltärstrafgerichtsbarkeit als einen Teil der Militär-
verwaltung bezeichnen’.
Eine wichtige Erkenntnis folgt aus diesem Verhältnis der
Militärstrafgerichtsbarkeit zur Militärverwaltung. Da die Militär-
strafjustiz der Organisation der Militärverwaltung eingegliedert
ist, so muss auch zur Handhabung der Militärstrafjustiz der be-
rufen sein, dem die Ausübung der Militärverwaltung zusteht.
Die Verwaltung der Marine ist nun ausschliesslich Reichssache,
die Militärverwaltung im übrigen, nach richtiger Auffassung®, von
geringen Ausnahmen abgesehen, Sache der einzelnen Kontingente.
Daraus ergibt sich, dass die Militärstrafgewalt über Mitglieder
der kaiserlichen Marine zur Zuständigkeit des Reichs, über Mit-
" Renm a. a. 0. S. 419.; Arnpr, Das Staatsrecht des Deutschen Reichs
1901 S. 563; für das frühere Recht: G. Meyer, Lehrbuch des Deutschen
Verwaltungsrechts 1885 Bd. II S. 35; Brockuaus, Das Deutsche Heer und
die Kontingente der Einzelstaaten 1888 S. 127.
® Näheres unten S. 506 f.