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glieder der Landmacht zur Zuständigkeit der einzelnen Glied-
staaten gehört. |
Wenn es nun gilt, ‘die Stellung des Kaisers und der Kon-
tingentsherren auf dem Gebiete des Militärstrafprozesses zu be-
stimmen, so erhebt sich zunächst die Frage, welcher Art die
rechtlichen Beziehungen sind, in denen sie zu den zur Ausübung
der Militärstrafrechtspflege berufenen Personen, insbesondere den
Gerichtsherren, stehen. Die Antwort lautet verschieden, je nach-
dem der Betrachtung die Rechtsverhältnisse der Marine oder der
Landmacht und innerhalb der Landmacht die Rechtsverhältnisse
des einen oder andern Gliedstaates zu Grunde gelegt werden.
Wir gehen aus von dem preussischen Kontingente im Friedens-
stande als dem einfachsten Falle, da hier der Gegensatz von
Kaiser und Kontingentsherren nicht in die Erscheinung tritt.
Um die Stellung des Königs von Preussen zu den Gerichts-
herren seines Kontingents, den Umfang seiner Befugnisse diesen
gegenüber und wiederum Rechte und Pflichten der Gerichts-
herren im Verhältnis zum König zu untersuchen, ist es vorerst
erforderlich, die Position der Gerichtsherren selbst näher zu be-
stimmen.
Der Gerichtsherr übt, wie oben dargelegt ist, neben den
erkennenden Militärgerichten die Militärstrafgerichtsgewalt aus
(S 12 MStGO). Aber er verkörpert nicht eine besondere, mit
bestimmter Kompetenz ausgestattete Behörde; der Inbegriff der
dem Gerichtsherrn obliegenden Geschäfte bildet nicht ein selb-
ständiges Staatsamt, sondern ist mit gewissen andern Staats-
ämtern verbunden, deren Träger Offiziere sind. In den $$ 19, 20
MStGO sind die Gerichtsherren der niederen und höheren Ge-
richtsbarkeit aufgeführt. Es sind im Heere der Regiments-
kommandeur, der Kommandeur eines selbständigen Bataillons,
der Kommandeur eines Landwehrbezirks, der Kommandant von
Berlin, der Kommandant einer kleinen Festung, der komman-
dierende General, der Divisionskommandeur, der Gouverneur von
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