Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

307 
tingentsheer ist‘”, oder ob es eine innere Einheit, eine reine 
Reichsanstalt ist und unter der Militärhoheit des Kaisers steht“, 
Es ist nicht zu verkennen, dass die erste, meines Erachtens 
richtige Ansicht trefflich zu der vorgetragenen Auffassung passt, 
dass nicht der Kaiser, sondern die Kontingentsherren Träger 
der Militärstrafgewalt seien. Aber diese Annahme würde auch 
dann nicht ausgeschlossen sein, wenn man das deutsche Heer 
für ein einheitliches Reichsheer erklärt. Denn auch die Ver- 
treter dieser Meinung können nicht leugnen, dass den Kon- 
tingentsherren nach positivem Recht eine Reihe von Befugnissen, 
wie z. B. die Ernennung der Offiziere ihres Kontingents, zu 
eigenem Rechte, ohne aus der kaiserlichen Kompetenz abgeleitet 
zu sein, zusteht. Und es bliebe daher immer noch zu prüfen, 
ob nach der Militärstrafgerichtsordnung die Militärstrafgewalt 
den Kontingentsherren oder dem Kaiser zugewiesen sei. Die 
Eintscheidung der Frage, ob das deutsche Heer ein einheitliches 
Reichs- oder ein Kontingentsheer sei, fördert daher nicht die 
Untersuchung der Frage, welche Stellung der Kaiser und die 
Kontingentsherren gegenüber den Gerichtsherren einnehmen. 
Die geschilderte, auf den Bestimmungen der Reichsverfassung 
beruhende Rechtslage ist in vielen deutschen Staaten durch die 
mit Preussen abgeschlossenen Militärkonventionen zu Gunsten 
Preussens sehr wesentlich geändert worden. Eine besondere 
Stellung nehmen die Königreiche Bayern und Württemberg ein. 
Für sie haben die Vorschriften der Reichsverfassung überhaupt 
#3 So ferner Lasanp, Staatsrecht Bd. IV S.5ff.; im Archiv für Öffent- 
liches Recht Bd. III S. 491ff.; Gümsen in Hirths Annalen 1899, S. 131; 
SEYDEL, Kommentar zur Reichsverfassung, 2. Aufl. 1897, S. 310; Hecker in 
von Stengels Handwörterbuch „Fahneneid“. 
“4 BoRNHAK, Preussisches Staatsrecht Bd. III S. 35; G. Meyar, Lehr- 
buch des deutschen Verwaltungsrechts Bd. II S. 37; Zorn, Das Staatsrecht 
des Deutschen Reichs Bd. I S. 307f.; Schutze, Lehrbuch des deutschen 
Staatsrechts Bd. II S. 253 f.; Preussisches Staatsrecht Bd. II S. 610; Häneı, 
Lehrbuch des deutschen Staatsrechts Bd. V S. 551; Brocknaus a. a. O. S. 215.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.