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nicht primäre Geltung. Denn in den Schlussbestimmungen zum
XI. (das Reichskriegswesen betreffenden) Abschnitt der Reichs-
verfassung ist gesagt: „Die in diesem Abschnitt enthaltenen
Vorschriften kommen in Bayern nach näherer Bestimmung
des Bündnisvertrages vom 23. Nov. 1870 unter IIl85, in
Württemberg nach näherer Bestimmung der Militärkonvention
vom 21./25. Nov. 1870 zur Anwendung.“ Nach dem erwähn-
ten Bündnisvertrage bildet das bayerische Heer im Frieden
„einen in sich geschlossenen Bestandteil des deutschen Bundes-
heeres mit selbständiger Verwaltung, unter der Militärhoheit
Seiner Majestät des Königs von Bayern“. Die Art. 61—68 RV
haben für Bayern keine Geltung. Da sonach die Kommando-
gewalt des Kaisers und sein Recht zur Ernennung gewisser
Offiziere fortfällt, so ist im Frieden für die bayerischen Offiziere
der König von Bayern der einzige Dienstherr. Er ist daher
allein Träger der Militärstrafgewalt und steht den Gerichtsherren
seines Kontingents gerade so gegenüber, wie der König von
Preussen innerhalb der preussischen Truppen.
Auch Württemberg hat durch die von ihm abgeschlossene
Militärkonvention seine Militärhoheit nicht geschmälert. Art. 5
derselben bestimmt: „Seine Majestät der König von Württem-
berg geniesst als Chef Seiner Truppen die Ihm Allerhöchst zu-
stehenden Ehren und Rechte und übt die entsprechenden ge-
richtsherrlichen Befugnisse samt dem Bestätigungs- und Be-
gnadigungsrecht bei Erkenntnissen gegen Angehörige des Armee-
korps aus, welche über die Befugnisse des Armeekorpskomman-
danten bzw. des Königlich Württembergischen Kriegsministeriums
hinausgehen.“
Die sächsische Konvention vom 7. Febr. 1867 enthält
keine die Militärstrafgerichtsbarkeit betreffende Vorschrift. Da
sie nun im übrigen die innere Geschlossenheit der sächsischen
Truppen aufrechthält (Art. 1) und in Art. 3 ausdrücklich die
Selbständigkeit der inneren Verwaltung betont, so folgt aus dem