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aber der Kaiser im ordentlichen Geschäftsgange einen Befehl
nach der Vorschrift des Gesetzes nicht erteilen kann, so ist un-
möglich anzunehmen, dass aus der Durchbrechung der üblichen
Formen ihm die Berechtigung erwachse.
Die Militäranwälte stehen nach $ 104 unter der Aufsicht
und Leitung des Obermilitäranwalts und haben seinen Anord-
nungen Folge zu leisten. Soweit daher der Kaiser durch Ver-
mittlung des Präsidenten des Reichsmilitärgerichts auf die Hand-
lungen des Obermilitäranwalts Einfluss auszuüben vermag, ist er
dazu auch in Bezug auf die Militäranwälte in der Lage.
Die Stellung Bayerns zum Reichsmilitärgericht ist eigenartig
bestimmt,
Nach $ 33 Abs. 2 EGzMStGO sollte die Einrichtung der
obersten militärgerichtlichen Instanz mit Rücksicht auf die Ver-
hältnisse Bayerns anderweit gesetzlich geregelt werden. &$1 RG
vom 9. März 1899 ordnet nun an: „Für das bayerische Heer
wird bei dem Reichsmilitärgericht in Berlin ein besonderer Senat
gebildet. Der König von Bayern ernennt den Präsidenten und
die Räte des bayerischen Senats, sowie einen Militäranwalt für
denselben; er bestimmt überdies die militärischen Mitglieder dieses
Senats.“ Nach $4 gelten, soweit nicht Abweichungen ausdrück-
lich vorgeschrieben sind, die Vorschriften der Militärstrafgerichts-
ordnung auch für den bayerischen Senat. Es fragt sich, welche
staatsrechtliche Bedeutung diesem bayerischen Senate zukommt;
ist er eine Institution des Reichs oder eine besondere bayerische
Landesbehörde? Danach wird sich die Stellung des Kaisers und
des Königs von Bayern zu den Mitgliedern des bayerischen Senats
bestimmen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist der bayerische
Senat „bei dem Reichsmilitärgerichte“ gebildet. Tatsächlich ist
er, wie aus diesen Worten schon zu entnehmen ist, keine neben
dem Reichsmilitärgerichte stehende selbständige Behörde, sondern
dem Reichsmilitärgerichte eingegliedert. Mit Recht sagt daher die
Begründung des Gesetzentwurfes zu $ 1°: „Der Entwurf geht