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nisse eine rechtliche Ungleichheit meine (Deutsch. Verw.-R. I 67), sollte
dem Verf. nicht entgangen sein. Und ich, den Grundsatz Macht geht vor
Recht befürwortend! Das ist doch im Ernste die Meinung des Verf. nicht!
Auch die Lehre von den öffentlichen Sachen gibt dem Verf. Gelegen-
heit, meiner in besonderer Weise zu gedenken. Er betont die Verschieden-
heit des in den einzelnen Bundesstaaten für diese Sachen geltenden öffent-
lichen Rechts, Verschiedenheiten, welche durch generalisierende Deduktionen
der Theorie nicht verwischt werden dürfen, und bemerkt: aus diesem Grunde
seien namentlich meine Erörterungen, Verw.-R. II 60ff., „mit Vorsicht zu
behandeln“ (S. 375). Es ist ein bekannter Ton, der mir da entgegenklingt.
Ein anderer hätte vielleicht auch noch eine Warnung vor der „konstruktiven
Methode“ hinzugefügt. Der Spezialist neigt immer zu einem gewissen
Ueberlegenheitsgefühl und erhebt sich gegenüber der allgemeinen „Theorie“
in ihrem Wolkenkuckuksheim an dem befriedigenden Bewusstsein der grösseren
Exaktheit. Das mag ja manchmal berechtigt sein, manchmal auch nicht.
Ich sehe einen praktischen Gegensatz zwischen meinen Aufstellungen und
dem, was Verf. als württembergisches Recht behauptet, nur in einem
Punkte: ich rechne auch die Festungswerke zu den Öffentlichen Sachen,
Verf. lässt nach württembergischem Recht als solche nur gelten: die Kirchen
und Begräbnisplätze, Wege und Plätze und öffentliche Gewässer (S. 376).
Ich glaube, dass er sich darin irrt. Da eine Sondergesetzgebung nicht in
Frage steht, so heisst doch hier württembergisches Recht einfach gemeines
Recht. Dass nach diesem die Festungswerke zu den öffentlichen Sachen
gehören, scheint mir ausser Zweifel zu sein. Auch im Basler Schanzenstreit
war nicht das die Frage, sondern die juristische Konstruktion des Rechtes
an diesen Öffentlichen Sachen. Vgl. auch WiınpscHemw 8 146 No. 4 Note 15,
DerNBURG 8 71, REGELSBERGER $ 417 II B, Warpäus S. 107. Wenn Würtiem-
berg etwas Besonderes hat, so besteht es darin, dass WÄCHTER, sein Prophet
auf privatrechtlichem Gebiet, unter den publicae res die Festungswerke
nicht nennt; vielleicht weil er die Voraussetzung des usus publicus zu stark
betonte, vielleicht auch, weil das einzige Exemplar, das in Betracht kam,
als Bundesfestung ihm für die Darstellung des württembergischen Privat-
rechtes nicht vor Augen trat. Wächters Aufzählung ist aber in Württem-
berg massgebend geblieben; vgl. Besser, Das bürgerliche Recht, HreLEr
(Schmipuin), Württembergisches Privatrecht usw. Aber WÄCHTER und seine
Schüler haben doch das gemeine Recht in diesem Punkte nicht ändern
wollen und nicht ändern können.
Verf. selbst gibt für den Ausschluss der Festungswerke (S. 371, 372)
zwei Gründe an, die mir beide recht wenig glücklich zu sein scheinen.
Er beruft sich (S. 371) auf das Reichsgesetz vom 25. Mai 1873, welches
das Eigentum an den Festungen dem Reiche überweist. Darunter, meint
er, „kann nur das privatrechtliche Eigentum und nicht ein Öffentliches oder
öffentlichrechtliches oder publizistisches Eigentum verstanden werden“. Das
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