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Im ganzen hat das Buch das Recht, nur nach dem Ziele gemessen zu
werden, das es sich selbst steckt. Es will vor allem ein gutes technisches
Hilfsmittel für die Verwaltung sein. Die Ortsvorsteher in kleinen Gemeinden
sollen sich mit gleichem Nutzen des Buches bedienen, wie die Beamten der
grösseren Gemeinden und der Oberämter, es soll auch den höheren Ver-
waltungsbehörden die Arbeit wesentlich erleichtern. Dieses Ziel ist sicher
erreicht worden. Aber darüber hinaus muss man sagen, dass es sich um ein
Werk handelt, das zwar keine Bereicherung der Wissenschaft darstellt, aber
nur von wissenschaftlich geschulten Männern, denen die reiche Fülle der
praktischen Erfahrung zur Seite steht, geschaffen werden konnte. Ja, es ist
zu hoffen, dass es zum Muster dienen wird für andere Werke, die auch das
Recht der Staatsangehörigkeit mit besonderer Berücksichtigung Preussens,
Bayerns usw. behandeln. Auf diese Weise würden Hilfswerke der Wissen-
schaft entstehen, die als Materialiensammlungen und durch ihre systematische
Gliederung des Stoffes von grossem Werte sein würden. Dass in den Literatur-
angaben einige wichtigere Werke fehlen, mag nicht unerwähnt bleiben; auch
ZITELMANNS Internatienales Privatrecht ist mit keiner Silbe erwähnt. Für
die späteren Auflagen ist auch BAHRFELDT, Der Verlust der Staatsangehörig-
keit durch Naturalisation und Aufenthalt im Auslande 1903, und GRABOWSKY,
Der sogenannte Verlust der Staatsangehörigkeit durch Fristablauf, im Ver-
waltungsarchiv Bd. 12 8. 204 ff. zu berücksichtigen.
Bonn. Professor Dr. Stier-Somlo.
Rudolf Springer, Der Kampf der österreichischen Nationen um
den Staat. Erster Teil: Das nationale Problem als Verfassungs- und
Verwaltungsfrage. Leipzig-Wien, Deuticke, 1902. 2528. M. 5.—.
Dieses, nicht durchaus klar und leicht fasslich geschriebene, in den
rein juristischen Deduktionen den nicht zünftigen ‚Juristen verratende Buch
gehört, wenigstens für uns Oesterreicher, zu den lesens- und beachtens-
wertesten literarischen Erzeugnissen, welche unsere nunmehr seit Jahren an-
dauernde Staatskrise hervorgebracht hat.
Der Verf. hat sich zur Aufgabe gesetzt, auf Grund einer tiefgehenden
Untersuchung der historisch-politischen Bedingungen Oesterreichs neue Grund-
sätze für die Organisation seiner Verwaltung aufzustellen, welche von der
traditionellen territorialen Gliederung abweichend, auf die Selbstregierung
jedes der österreichischen Volksstämme unter entsprechender Wah-
rung der staatlichen Einheitlichkeit abzielen. Es soll mit Rücksicht auf das
vielfache räumliche Ineinandergreifen der Besiedlungen der verschiedenen
Stammesgenossen der persönliche Verband nationaler Zugehörigkeit für
die Ordnung der Verwaltung massgebend gemacht werden. Dies bedeutet
aber den vollen Bruch mit den bisherigen Ueberlieferungen der Verwaltung,