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Betracht kommende Literatur benutzt. Das Werk gibt daher eine Zusammen-
fassung aller Vorschriften und Entscheidungen, welche die Dienstvergehen
der preussischen Beamten, sowie die Versetzung derselben auf eine andere
Stelle oder in den Ruhestand betreffen, mit einer Uebersichtlichkeit und
Vollständigkeit, wie sie sonst nirgends zu finden ist. Der Verf. begnügt sich
aber nicht, wie dies in so vielen Kommentaren der Fall ist, mit einer Re-
gistrierung dieser Erlasse und Entscheidungen, oder mit einer schematischen
Erläuterung der einzelnen Gesetzesworte, sondern er erhebt sich überall zu
einer wissenschaftlichen Darlegung der Prinzipien, welche den Anordnungen
der betreffenden Gesetze zu Grunde liegen unter Berücksichtigung ihrer ge-
schichtlichen Grundlage und legislatorischen Tendenz, und zu einer sorgsamen
Analyse der in dem Gesetz enthaltenen und durch logische Interpretation zu
gewinnenden Rechtssätze. Der Kommentar besteht daher nicht, wie so viele
audere, aus zusammenhangelos aneinander gereihten Anmerkungen, sondern er
kann als eine wissenschaftliche Monographie über das preussische Disziplinar-
recht in besonders übersichtlicher Form bezeichnet werden. Bei dem engen
Zusammenhang und der gegenseitigen Wechselwirkung, welche zwischen dem
preussischen Disziplinarrecht und den entsprechenden Vorschriften des Reichs-
beamtengesetzes bestehen, ist das Werk auch für das Reichsbeamtenrecht
von Bedeutung. Ein sehr ausführliches und mit grösster Sorgfalt gearbeitetes
Sachregister erleichtert den praktischen Gebrauch des auch in typographischer
Beziehung sehr gut ausgestatteten Buches.
Laband.
Vicomte Combes de Lestrade, les Monarchies del’Empire Allemand.
Organisation constitutionelle et administrative. Paris, Larose, 1904.
586 p.
Das Werk ist ein deutsches Reichs- und Landesstaatsrecht in französi-
scher Auffassung und mit gelegentlich eingeflochtenen Vergleichen des deutschen
und französischen Rechts und kritischen Erörterungen über die zwischen ihnen
bestehenden Gegensätze. Der Verf. hat sich mit der deutschen staatsrecht-
lichen Literatur vertraut gemacht, über die Rechte einzelner Staaten aber
auch sich durch Mitteilungen hoher Beamter derselben unterrichten lassen.
Daher kommt nicht nur eine etwas ungleiche Behandlung der Staaten, indem
einige, z. B. Württemberg, Schaumburg-Lippe, Oldenburg u. a., besondere
Berücksichtigung gefunden haben, sondern man empfindet auch bisweilen,
dass die Darstellung des Verf. durch diese „Quellen* beeinflusst worden ist.
Iu dem Werk werden die Verfassungs- und Verwaltungseinrichtungen selbst
der kleinsten Staaten berücksichtigt; nur die freien Städte sind davon aus-
genommen. Das vorliegende Werk ist wohl das erste ausländische,
welches das öffentliche Recht der deutschen Einzelstaaten in diesem Umfange
behandelt und die Tendenz verfolgt, einerseits die zahlreichen Abweichungen