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der deutschen Landesstaatsrechte und anderseits ihre Uebereinstimmung in
den Grundprinzipien anschaulich darzulegen. Dass dabei auch Irrtümer und
Ungenauigkeiten mit unterlaufen, kann allerdings nicht verschwiegen werden,
dem ausländischen Verf. ist aber daraus wohl kein gar zu schwerer Vorwurf
zu machen und ich sehe davon ab, Einzelheiten hier aufzuführen. Denn im
allgemeinen hat der Verf. für die Gestaltungen des Staatsrechts in Deutsch-
land ein richtiges Verständnis und eine vorurteilslose Würdigung, so dass
man seinen Erörterungen mit Interesse folgen kann.
Laband.
Dr. W. Burckhardt, Prof. der R. in Lausanne, Kommentar der
Schweizer Bundesverfassung. 1. Liefg. Bern, Stämpfli & Co.,
1904. 128 S.
Obgleich die vorliegende Lieferung dieses Kommentars nur bis zum
Art. 7 (einschliesslich) der BV geht, so gewährt sie doch bereits ein deutliches
Bild von der Eigenart, Methode und wissenschaftlichen Bedeutung dieses Werkes.
Es ist kein Zweifel, dass der Kommentar nach seiner Vollendung zu den
hervorragendsten Erscheinungen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts der
Schweiz gehören und auch darüber hinaus wohlverdiente Beachtung finden
wird. Die Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln zerfallen in zwei Ab-
schnitte, von denen der erste die Geschichte, der zweite die Auslegung des
Textes betrifft. Mit welcher Sorgfalt die Praxis der Bundes- und auch der
Kantonalbehörden dabei Berücksichtigung findet, kann man aus der über-
reichen Zusammenstellung zum Art. 4 ersehen. Mehr aber als dieser Reich-
tum des Materials ist der Scharfsinn der Analyse der in den Verfassungs-
artikeln enthaltenen Rechtssätze, die Entwicklung ihrer Tragweite und die
Klarheit der Darstellung zu rühmen. Dem eigentlichen Kommentar geht
eine Einleitung voraus, welche sich über die rechtliche Natur der Verfassung,
des Bundesstaats und der subjektiven Öffentlichen Rechte verbreitet. Der
Verf. geht davon aus, dass der wesentliche Unterschied zwischen einer Ver-
fassung und andern Gesetzen darin besteht, dass die Verfassungsvorschriften
auf einem andern als dem Wege der Gesetzgebung (und selbstverständlich
auch als dem Wege blosser Verordnung) entstanden sind und er begründet
darauf die höhere formelle Kraft der Verfassungsbestimmungen im Verhält-
nis zu Gesetzesbestimmungen und insbesondere den Satz, dass Verfassungs-
bestimmungen nicht auf dem Wege der Gesetzgebung aufgehoben werden
können. Diese Behauptung ist willkürlich und in ihrer Allgemeinheit un-
richtig; sie trifft zwar für manche Staaten zu und es ist gewiss möglich,
dass das positive Staatsrecht für Verfassungsänderungen einen andern Weg
als den der gewöhnlichen Gesetzgebung vorschreibt; für andere Staaten da-
gegen ist sie unzutreffend, so z. B. für das Deutsche Reich, dessen Ver-
fassungsurkunde vom 16. April 1871 im Wege der gewöhnlichen Reichs-
gesetzgebung erlassen und vielfach durch einfache Gesetze teils ausdrücklich
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