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der einzelnen gegen die Verwaltung auf Gewährung von Schutz, Leistung
von Diensten und andern Vorteilen, welche er als bürgerliche Rechte (di-
ritti civili) den politischen gegenüberstellt, indem er diese Rechte zu den
subjektiven Privatrechten zählt; denn wenngleich sie gegen die Staats-
gewalt gerichtet sind, so dienen sie doch dem Privatinteresse. Auch die
„Freiheitsrechte* oder vielmehr die Freiheit als Status erklärt der Verf.
für ein subjektives Recht, weil sie ein Recht sei der eigenen Tätigkeit zur
Erreichung eigener Zwecke. Er stellt sie dem Sachenrecht des Privatrechts
zur Seite, indem ihm wohl der Begriff der sog. absoluten Rechte vorschwebt.
Von den eigentlichen subjektiven öffentlichen Rechten unterscheidet er sie
aber, Die letzteren teilt er in zwei Gruppen; die einen betreffen die inneren
Verhältnisse des Staates oder seiner Organe; die andern Verhältnisse zwi-
schen dem Staat und einzelnen Personen oder Sachgütern. Der Verf. ent-
wickelt im einzelnen den Inhalt dieser Rechte und insbesondere, inwieweit
sie durch Zulassung des Rechtsweges oder andere Einrichtungen Schutz
finden oder nicht; inwieweit Öffentliche Rechte in der Gestalt von Privat-
rechten und umgekehrt Privatrechte im Gewande öffentlicher Rechte er-
scheinen oder beide Arten von Rechten in einem Rechtsverhältnis verbun-
den sind. Das Resultat ist, dass subjektive öffentliche und private Rechte
trotz des gemeinschaftlichen Oberbegriffs praktisch in allen wesentlichen
Punkten voneinander verschieden sind. Die Abhandlung ist trotz der ab-
strakten und scholastischen Methode der Untersuchung recht interessant.
Laband.
Francesco Giuseppe Bigliati, Diritto internazionale e Diritto Co-
stituzionale. Parte I. Torino, Fratelli Bocca, 1904. 344 pag.
Der Gegenstand dieser ausgezeichneten Monographie ist das Verhältnis
des Völkerrechts zum Staatsrecht und die Prüfung der zwischen diesen
beiden Rechtsmaterien bestehenden Berührungspunkte. Der bisher vor-
liegende erste Teil beschäftigt sich zunächst mit den beiden Grundbegriffen,
einerseits dem Staat, anderseits der Völkerrechtsgemeinschaft in ihren gegen-
seitigen Beziehungen. Die dem Staat gewidmete Erörterung gibt in vier
Abschnitten eine Darstellung aller wichtigen Grundlehren des allgemeinen
Staatsrechts. Der Verf. zeigt dabei eine so gründliche und umfassende
Kenntnis insbesondere der deutschen staatsrechtlichen Literatur des 19. Jahr-
hunderts und ein so tiefes Verständnis aller in dieser Literatur behandelten
Fragen, dass man sein Buch als eine Dogmengeschichte der deutschen
Staatsrechtswissenschaft bezeichnen kann, in welcher die Gegensätze der
verschiedenen Anschauungen und „Schulen* und der Fortschritt in der
Lösung der wissenschaftlichen Probleme in anschaulicher Weise entgegen-
treten. Dass der Verf. auch die französische und italienische Literatur in
vollem Masse berücksichtigt hat, ist selbstverständlich. Der Verf. gibt aber
nicht bloss eine registermässige Aneinanderreihung der Ausführungen der