Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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mit Strafe bedrohte Handlung bisher sanktioniert hatten, da kann 
nur eine vorsichtige progressive Steigerung der verhängten Strafen 
allmählich der Bevölkerung den Wert des Rechtsgutes, das sie 
verletzen, zum Bewusstsein bringen. Insbesondere wäre vielleicht 
der Rückfall stets als Strafschärfungsgrund anzunehmen. 
Auf der andern Seite dürfte auch die obere Grenze der 
Strafrahmen vielfach nicht ausreichend sein. Unsere Schutz- 
gebiete können zum grössten Teil noch nicht als pazifiziert an- 
gesehen werden, es herrscht dort sozusagen Kriegs- oder Be- 
lagerungszustand. Hier müssen alle Angriffe gegen die öffent- 
liche Ruhe und Sicherheit, gegen die Organe des Staates mit 
der grössten Strenge, wenn man will nach Standrecht beurteilt 
werden. — Es erscheint nicht unzweckmässig, dass beispielsweise 
das indische Recht Notwehr gegen einen Beamten ausschliesst 
und jeden Akt bewaffneter Widersetzlichkeit gegen einen solchen 
kurzer Hand mit dem Tode bedroht. 
Abweichungen vom Reichsstrafgesetzbuch sind also jedenfalls 
geboten, sie können aber im wesentlichen für alle Schutzgebiete 
die gleichen sein; es wird, was die Verbrechen der ersten Gruppe 
anlangt, angehen, unter tunlichster Anlehnung an die Grund- 
sätze des Reichsrechts, eine einheitliche Kodifikation des für die 
Farbigen geltenden Rechts vorzunehmen. 
Weit grössere Schwierigkeiten bereiten jedenfalls die straf- 
baren Handlungen der zweiten Gruppe. Wir haben hier zu 
unterscheiden zwischen Handlungen, die mit Rücksicht auf das 
abweichende rechtliche und religiöse Empfinden der Eingeborenen 
nicht nach den Grundsätzen unseres deutschen Rechts behandelt 
werden können, aber dennoch im Interesse der Erziehung der 
Bevölkerung strafrechtliche Behandlung erheischen, und solchen, 
die mit der Religion so eng verknüpft sind, dass ihre Beseiti- 
gung erst mit dem Eindringen des Uhristentums möglich ist. 
Die letzteren — es kommt hier eigentlich nur die Bi- 
gamie und für die wenigen Stämme, welche in voller geschlecht- 
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