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Pierre Decharme, Compagnies et Societes coloniales allemandes. Paris
(Masson et Co.) 1903. 305 S. 6 fr.
Der Verf. hat sich durch mehrfachen längeren Aufenthalt in Deutsch-
land mit der umfangreichen deutschen Koloniallitteratur bekannt gemacht
und durch offizielle Stellungen und Verbindungen Urkunden, Denkschriften
und mündliche Informationen über den Gegenstand seines Werkes erhalten.
Seine Darstellung beruht daher auf vollständiger Sachkenntnis und ist in-
struktiv, obgleich sie für den deutschen, mit dem Recht und der Litteratur
der Schutzgebiete vertrauten Leser begreiflicherweise nichts Neues von irgend
welcher Bedeutung bringt. Das Buch enthält mehr als sein Titel angiebt;
denn es beschränkt sich nicht auf die Kolonialgesellschaften, sondern giebt
eine Geschichte der Erwerbung der deutschen Schutzgebiete und der
Wandlungen der deutschen Kolonialpolitik. Das wichtigste Ergebnis seiner
Untersuchungen besteht in dem Nachweise, dass der ursprüngliche Gedanke
Bismarcks, die Kolonien durch mit Hoheitsrechten ausgestattete Gesellschaften
verwalten zu lassen, sich überall als undurchführbar erwiesen hat und dass
die direkte Verwaltung durch das Reich und durch Reichsbeamte an die
Stelle der Verwaltung durch die Gesellschaften treten musste. Diesen all-
gemeinen Erörterungen über die politische Stellung und Organisation der
„halbsouveränen* Gesellschaften folgt dann eine spezielle Darstellung der
einzelnen grossen Kolonialgesellschaften und der ihnen erteilten Konzessionen.
Eigentlich juristische Ausführungen findet man in dem Buch nur in sehr be.
schränktem Masse und auch diese sind nicht von Erheblichkeit; der Verf.
ist nicht Jurist und juristische Fragen liegen ihm offenbar fern; dagegen ist
sein Buch ein schätzenswerter Beitrag zur Kolonialpolitik. Laband.
Dr. Jos, Lukas, Ueber die Gesetzespublikation in Oesterreich
und dem Deutschen Reiche. Eine historisch-dogmatische Studie.
Graz, 1903. 2488. M. 5.—.
Der Verf. stellt in der Einleitung seiner Monographie zunächst die
amtliche und die nichtamtliche Veröffentlichung von Gesetzestexten einander
gegenüber; die letztere, z. B. durch Zeitungen, Buchhandel u. s. w., bezeichnet
erals „gesellschaftliche Publikation“; ein Ausdruck, der meines Erachtens nicht
sehr glücklich gewählt ist. Indes ist darauf kein grosses Gewicht zu legen;
die Hauptsache ist die Gegenüberstellung der rechtlich erheblichen und der
rechtlich unerheblichen Veröffentlichung.
Für die thatsächliche Verbreitung der Kenntnis eines Gesetzes ist die
letztere in der Regel von grösserer Bedeutung als die amtliche Verkündigung ;
juristisch ist sie nicht von Belang. Hinsichtlich der staatlichen (amtlichen)
Verkündigung unterscheidet der Verf. die materielle und die formelle Publi-
Archiv für öffentliches Recht. XVII. 2. 18