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muss, dieselbe keineswegs lediglich prozessualischer Natur ist,
und sich überdies erschöpfende, auf alle möglichen Fälle gleich-
mässig passende Bestimmungen nicht geben lassen“. Hiernach
ist es zunächst schon nicht richtig, dass es sich bei diesen Be-
merkungen der Motive nur um solche Zivilurteile handle, die
wie z. B. Grenzfeststellungen rechtsbegründenden Charakter
haben; denn einesteils ist es keineswegs so unzweifelhaft, dass
diese konstitutiver Natur sind; PLANCK z. B. Anm. 4? zu & 920
BGB. (I, II. Auflage) spricht ihnen deklaratorischen Charakter
zu; sodann lässt sich aber auch aus diesem einen angeführten
Beispiele noch keineswegs der Schluss ziehen, dass die betrefien-
den Zivilurteile gerade immer einen bestimmten Charakter haben
müssen. Hat doch bei den Beratungen? zu & 261 StPO. der
Abgeordnete Struckmann ausdrücklich darauf hingewiesen: Sei
ein zivilrechtliches Verhältnis z. B. Eigentum rechtskräftig
durch ein Urteil des Zivilgerichts geregelt, so müsse dies ein
jeder, auch der Strafrichter anerkennen. Wesentliches Gewicht
ist aber auf die zuletzt erwähnte Bemerkung der Motive zu
legen; denn wenn dort gesagt ist, die Frage, ob schon die blosse
Existenz eines vor der Tat ergangenen zivilgerichtlichen Urteils
auf die Entscheidung des Strafrichters von Einfluss sein müsse,
müsse vom Strafrichter in jedem einzelnen Falle nach allge-
gemeinen Rechtsgrundsätzen beurteilt und entschieden werden,
so folgt daraus, dass nach Ansicht des Verfassers der Motive
durch die $$ 260, 261 dem Strafrichter nicht ein Mittel in die
Hand gegeben werden sollte, sich über jedes Zivilurteil souverän
hinweg zu setzen, sondern dass ihm durch allgemeine Rechts-
grundsätze hierin Schranken gezogen seien. Was hier von
den Entscheidungen der Zivilgerichte gesagt ist, muss in gleicher
Weise von den Entscheidungen der Verwaltungsbehörden!? und
15 Hann a. a. O. S. 895.
1% Bezüglich der Wirkung der Rechtskraft in verwaltungsgerichtlichen
Entscheidungen s. Gutachten von SCHULZENSTEIN für den 26. Juristentag
1902 S. 86.