Vorbemerkung.
Die Darstellung der kirchlichen Rechtspersönlichkeit im Grossherzog-
tum Baden konnte entweder von der induktiv-historischen oder der deduk-
tiv-dogmäatischen Methode ausgehen. Die vorliegende Arbeit hat sich im
wesentlichen, jedoch nicht ausschliesslich, auf den Boden der letzteren Be-
trachtungsweise gestellt. Die kirchliche Rechtspersönlichkeit wurde darnach
nur als eine einzelne Modifikation des für die Rechtswissenschaft so ausser-
ordentlich fruchtbaren Begriffs der Rechtspersönlichkeit überhaupt aufge-
fasst. Es galt daher, in allen Einzelheiten der mannigfachen, positiv recht-
lichen Gestaltung die ideal geschauten Grundlinien der Rechtspersönlich-
keit aufzudecken. Damit war aber auch zugleich der Weg gekenn-
zeichnet, auf welchem der naheliegenden Gefahr der Zersplitterung in der
Unsumme positiver staatskirchenrechtlicher Normen entgegengetreten wer-
den konnte. Nur das für die Charakterisierung der Rechtspersönlichkeit
Wesentliche und Typische wurde hervorzuheben versucht.
Die speziellen Rechtsverhältnisse bezüglich der israelitischen Religions-
gemeinschaft wurden nur beiläufig und gewissermassen vergleichsweise be-
rücksichtigt.
Einleitung: Grundbegriffe.
81. Persönlichkeitund Rechtspersönlichkeit.
I. Dem Begriff der Persönlichkeit, wie der Rechtspersönlich-
keit, ist ein Willens- und ein Zweckmoment wesentlich, die
Rechtspersönlichkeit ist „ein Wesen, welchem das
Recht einen eigenen Lebenszweck zuerkennt, zu dessen Realisie-
rung es ihm Rechte, d.h. ein andere Persönlichkeiten bindendes
Wollendürfen verliehen hat“ !.
In diesem Sinne umfasst der Begriff der Rechtspersönlich-
keit sowohl die physischen oder Einzelpersonen als die nicht phy-
sischen oder Verbandspersonen?. Im engeren Sinne werden aber
unter juristischen oder Rechtspersonen nur die Verbandspersonen
verstanden.
II. Es gibt eine Rechtspersönlichkeit auf dem Gebiet des
Privatrechts: Privatrechtsfähigkeit, und auf dem Ge-
ı Rosın in HırTH’s Annalen des Deutschen Reichs 1883 8. 289 $ 14.
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