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erst zu erobern, es der Durchdringung mit Rechtsbegriffen, die
seiner eigenartigen Natur angemessen sind, zu gewinnen !). Wohl
istin den letzten Jahrzehnten für Erreichung dieses Ziels bereits viel
geleistet worden. Nicht nur einzelnen Materien von speziellem
praktischem Interesse — ich erinnere z. B.an das Arbeiterversiche-
rungsrecht und an das Recht der Enteignung — hat sich die
Aufmerksamkeit der Wissenschaft zugewendet, auch allgemeine-
ren Fragen ist gründliche Untersuchung gewidmet worden; so
hat die Lehre von den Verwaltungsakten eingehendere Darstel-
lung gefunden, der Begriff des subjektiven öffentlichen Rechts
und das System der subjektiven öffentlichen Rechte ist her-
ausgearbeitet, der Lehre von der materiellen Rechtskraft
in der Verwaltung ist weitgehende Beachtung geschenkt worden.
Aber freilich ist hier überall noch Vieles bestritten. Ueberdies:
den Praktiker interessieren die hier gewonnenen Begriffe und ihr
System häufig sehr wenig; ist doch selbst unter den Theoretikern
die Zahl derjenigen, die diesen Problemen ernstlich nachgehen
und eine eigene Meinung darüber haben, noch nicht gar gross.
Und doch: wie soll die wissenschaftliche Durchdringung eines
Rechtsgebietes möglich sein, solange man sich scheut, mit den
Grundfragen sich auseinanderzusetzen? Allerdings, es geht, na-
mentlich in der Praxis, auch ohne das; aber dass wenigstens das Stre-
ben eines jeden, der in Rechtsfragen theoretisch oder praktisch
arbeitet, auf Klarheit auch über die letzten Fragen gerichtet sein
sollte, ıst doch beinahe selbstverständlich.
Nun wurde vorher gesagt, unsere Aufgabe müsse sein, dem
Verwaltungsrechte die seiner eigenartigen Natur entsprechenden
Rechtsbegriffe erst noch zu gewinnen. Da liegt der Einwand
nahe: wir haben doch in vielen deutschen Einzelstaaten -— und
gerade in den grössten ? — wie auch (für einzelne Materien) im
ı Vgl. F. FLEINER, Ueber die Umbildung zivilrechtlicher Institute durch
das öffentliche Recht, 1906 8. 3 ff, 8 ff.
° Vgl. die Zusammenstellung bei AnscHÜtz, in Hinnebergs „Kultur der
Gegenwart“ Bd. II 8: „Systematische Rechtswissenschaft“ S. 360 ft.