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biet des öffentlichen Rechts: öffentlich-rechtliche
Persönlichkeit. Es ist unrichtig, den Begriff der Rechts-
persönlichkeit oder der juristischen Persönlichkeit ausschliesslich
oder vorwiegend auf das Gebiet des Privatrechts beschränken zu
wollen, vielmehr gehört dieser Begriff zu den systematischen
Grundbegriffen des Rechtssystems, spielt er doch auf allen Rechts-
gebieten, Staatsrecht, Völker-, Kirchen-, Prozess- und Privatrecht
dieselbe Rolle®. Ueber das begriffliche und geschichtliche Ver-
hältnis von Privatrechtsfähigkeit und öffentlich-rechtlicher Per-
sönlichkeit siehe $ 2.
III. Die üblichen Definitionen: Privatrechtsfähigkeit —= Fähig-
keit, Subjekt von privaten Rechten und Pflichten zu sein, und
öftentlich-rechtliche Persönlichkeit = Fähigkeit, Subjekt von öf-
fentlichen Rechten zu sein, sind nicht erschöpfend. Im folgen-
den wird der Begriff der Rechtspersönlichkeit immer im Sinn von
„Vollpersönlichkeit* gebraucht. Unter Vollpersönlich-
keit aber verstehe ich ein Wesen, dem die Fähigkeit, Rechte und
Pflichten zu haben schlechthin, sei es für das Privatrecht,
sei es für das öff. Recht oder für beides beigelegt wird: die blosse
Anknüpfung einzelner Rechte oder Pflichten an eine Wesen-
heit begründet an sich noch nicht den Persönlichkeitscharakter.
Von Persönlichkeit kann nur dann gesprochen werden, wenn in
der Anknüpfung von Recht und Pflicht an ein Wesen die An-
erkennung desselben als Zweck- und Willenssubjektivität in dem
?2 Die Willensmacht und die Zwecksubjektivität hat bei der physischen
Person vor aliem moralische Bedeutung, vgl. Kant, Kritik der prakt.
Vernunft S. 104, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten S. 52 (philosoph.
Bibliothek): „Persönlichkeit, d. i. die Freiheit und Unabhänigkeit von dem
Mechanismus der ganzen Natur“. „Dagegen vernünftige Wesen Personen
genannt werden, weil ihre Natur sie schon als Zwecke an sich selbst, d. i.
als etwas, das nicht bloss als Mittel gebraucht werden darf, ausgezeichnet....*
® BERNATZIK im Arch. f. öff. R., Freiburg 1890, V. 169 fi. S. 178/79;
GIERKE, G.Th. S. 179 identifiziert den Begriff der jurist. Persönlichkeit mit
Privatrechtsfähigkeit und stellt ihr die öffentlich-rechtliche Persönlichkeit
gegenüber.