— 1635 —
Aufsätze.
Wahlrechtund Armenunterstützung imReich.
Von
Rechtsanwalt Dr. ROSENMEYER zu Frankfurt a. M.
Der Begriff der Armenunterstützung in seinem Verhältnis
zum Wahlrecht ist ein ausserordentlich zweifelhafter und be-
strittener. Sowohl bei der Anlegung der Wahllisten, wie bei
der Prüfung der Wahlen selbst durch den Reichstag haben sich
hisher eine grosse Reihe von Zweifelsfragen ergeben. Es herrscht
eine mannigfaltige, zum Teil systemlose Verschiedenheit in den
einzelnen Wahlkreisen. Aus diesem Grunde hatte schon im
Jahre 1894 der Verein für Armenpflege und Wohltätigkeit dem
Vorgange des Frankfurter Magistrats folgend, im Wege der
Umfrage bei den einzelnen Städten festzustellen versucht, welche
Fälle der Armenunterstützung zur Streichung des Familienober-
hauptes in den Wahllisten führen. Als zweifelhaft waren insbe-
sondere aufgeführt, die Gewährung von Schulgeld, von Schul-
büchern, freie ärztliche Behandlung, Arzneien, Heilmittel, des
Weiteren war Gegenstand der Enquete die Frage der Wirkung
einer vorübergehenden Unterstützung eines Familienmitgliedes
ohne eigenen Unterstützungswohnsitz, wenn es minderjährig ist,
oder ausserhalb des Familienhaushaltes steht, desgleichen der
Archiv für öffentliches Recht. XXIV. 2. 12