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Sitz hat, gibt für den Begriff im Sinne des Weahlgesetzes keine
Ausbeute. Das fragliche Gesetz gibt keine Auskunft über die
Art und Weise der öffentlichen Unterstützung, überlässt es viel-
mehr gemäss 8 & dem Landesrecht, diesbezügliche Bestim-
mungen zu treffen. Es erscheint aber unzulässig, das Wahlge-
setz durch Landesrecht zu interpretieren. Zu diesem Schluss
zwingt schon die Konsequenz, dass anderenfalls in jedem Bundes-
staate das Wahlrecht zu ein und demselben gesetzgebenden Körper
anders gestaltet wäre, ja, dass in Bayern und Elsass-Lothringen,
Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz keine Geltung hat,
wo das ohne weiteres Landesrecht den Begriff ergänzte. Auf diese
Weise könnte für eine grössere Bevölkerungsschicht das vom
Reich gegebene allgemeine Wahlrecht im Wege der Landes-
Armen-Gesetzgebung einfach illusorisch gemacht werden.
Man könnte nun allerdings dem entgegenhalten, und dies
ist auch von dem S$Mächsischen Bundesbevollmächtigten von
Ehrenstein in den Verhandlungen der Wahl-Prüfungs-Kommis-
sion betreffend die Wahl des Abgeordneten Penzig vom 18.
März 85 (Aktenstück 275, 6. Leg.-Per. 1. Session 1884/85) ge-
schehen, dass zur Zeit des Inkrafttretens des Reichswahlge-
setzes für die in Ziffer 1 und 2 des $ 3 genannten bevormun-
deten und falliten Personen zur Beurteilung der Voraussetzung
der Nicht-Wahl-Berechtigung auch Landesrecht
in Betracht kommen könnte. Demgegenüber mag darauf hin-
gewiesen werden, dass die Begriffe Vormundschaft und Konkurs
eine gesetzliche Festlegung ganz unabhängig vom Wahlrecht ver-
langen, dass mit anderen Worten diese Begriffe aus dem
Sinne des Wahlgesetzes allein heraus nicht interpretiert wer-
den können, dass aber diese Begriffe doch durchweg fest um-
grenzt waren, und sich in den einzelnen Landesteilen kaum
unterschieden, und dass endlich der Begriff der bevormundeten
und falliten Personen gesetzestechnisch nicht auf die gleiche
Stufe gestellt werden kann mit dem in Frage stehenden Begrift.
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