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Auch ohne jedes Material und ohne die jene Zeit beherr-
schenden Gedanken zu verwerten, ergibt sich aus dem Gesetz
selbst, dass die Bestimmung, der Bezug von Armenunterstützung
entziehe das Wahlrecht, eine Ausnahme von dem Grundsatze
des allgemeinen Wahlrechts bilden sollte, wie denn überhaupt
die fragliche Bestimmung sich fast durchweg nur in den Ge-
setzen findet, die das Allgemeine Wahlrecht als Grundprinzip
anerkennen.
Um diese Ausnahme zu schaffen, könnten mancherlei Er-
wägungen massgebend sein und wie bei den Beratungen des
(sesetzes so sind auch in der heutigen Theorie zur Begründung
dieser Annahme insbesondere drei Ansichten vertreten worden.
Einmal wird behauptet, der Grund der Entziehung des Wahl-
rechtes sei die Abhängigkeit, die mangelnde wirtschaft-
liche Selbständigkeit, sodann die Entziehung sei die
Strafe dafür, dass der Betreffende nicht für die Zeit der Not
Vorsorge getroffen habe und damit Hand in Hand, sie sei ein
Abschreckungsmittel und endlich, es ermangele bei den Armen
eines wirtschaftlicen Aequivalents, durch die Tatsache
der Armenunterstützung sei die völlige Vermögenslosigkeit fest-
gestellt. Was zunächst die Theorie der Strafe und der Ab-
schreckung betrifft, die schon vom Abgeordneten LASKER, Sten.
Ber. des Reichst. 1869 S. 169 und neuerdings von FLESCH,
Armenpflege Bd. 25 8. 49 vertreten wird, so wird sie insbeson-
dere damit begründet, dass der' Gesetzgeber in erzieherischer
Weise auf diese Art einen Druck ausüben will, in guten Zeiten
für die Zukunft zu sorgen, insbesondere etwa (so LASKER) durch
Anschluss an genossenschaftliche Verbände. FLESCH ist der
Ansicht, dass die Armenunterstützung lediglich oder hauptsäch-
lich durch die Schuld des Unterstützten veranlasst werde, und
dass die tägliche Erfahrung lehre, dass gerade die Furcht vor
dieser Strafe von der Inanspruchnahme der öffentlichen Armen-
pflege fernhalte.