Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 24 (24)

— 171 — 
beeinflusste Ausübung des Wahlrechts schwinde, eine Ansicht, 
die bereits von Kant vertreten wird und auch im franz. Wahl- 
gesetze zum Nationalkonvent vom 11. August 1772 seinen Nie- 
derschlag gefunden hat. Gegen die Richtigkeit dieser Theorie 
sprechen aber auch erhebliche Bedenken. Einmal ist nicht ein- 
zusehen, weshalb z. B. öffentliche Gratifikationen und Beloh- 
nungen weniger den Wähler beeinflussen und abhängig machen, 
als eine Unterstützung, weshalb Angestellte weniger unselbstän- 
dig und unabhängig sind als die Unterstützten (so auch JASsT- 
ROW Armenpfl. 28 133). Gegen diese Ansicht spricht auch, dass 
eine Abhängigkeit in der Regel nur bei ständiger Armen- 
unterstützung einzutreten pflegt, das Gesetz aber einen Unterschied 
zwischen ständiger und einmaliger Unterstützung nicht macht. 
Weiter kann aber auch gegen die genannte Theorie die Ent- 
wicklungsgeschichte des Gesetzes herangezogen werden. Im Ent- 
wurfe des Reichsgesetzes über die Wahlen der Abgeordneten 
zum Volkshause, Stenograph. Berichte über die Verhandlungen 
der deutschen konstituierenden Nationalversammlung zu Frankfurt 
a. M. Bd. VII S. 5218 (cit. Nat. Vers.), hatte der $ 2, nachdem 
im $ 1 gesagt war, dass jeder selbständige unbescholtene 
Deutsche, der das 25. Lebensjahr zurückgelegt habe, Wähler 
sein sollte, folgenden Wortlaut: 
Als nicht selbständig, also von der Berechtigung zum Wäh- 
len ausgeschlossen sollen angesehen werden; 
2. Personen, welche eine Armenunterstützung aus öffent- 
lichen Mitteln beziehen oder im letzten der Wahl vorangegan- 
genen Jahre bezogen haben. 
Der Entwurf hat sodann ferner als nicht „selbständig“ von 
der Wahlberechtigung ausgeschlossen, Dienstboten, Handwerks- 
gehilfen, Fabrikarbeiter, Taglöhner, bevormundete und fallite 
Personen. In dem diesem Entwurf beigegebenen Bericht, Nat.- 
Vers. VII S. 5222, wird dementsprechend ausgeführt, dass das 
politische Wahlrecht nicht der Person unmittelbar anhafte, sodass
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.