— 1993 —
verfolgt werden können, als sie nach der Regel vom Distanzver-
brechen auch als auf dem Boden des Grundstaates begangen zu
gelten haben oder unmittelbar sich gegen den Staat und dessen
Angehörige richten.
Dagegen würde nach der Eigentumstheorie jedes im Luft-
raum verübte Delikt, das nicht etwa auf einem als exterritorial
zu erachtenden Luftschiffe begangen wird, als im Hoheitsgebiete
des Grundstaates verübt zu betrachten sein, woraus sich für die
Gerichte des Grundstaates eine Zuständigkeit zur Strafverfolgung
ergeben würde. Ob freilich in allen solchen Fällen es völker-
rechtlich angezeigt ist, dass der Staat eine Verfolgung eintreten
lässt, muss bezweifelt werden; das Richtige wird sein, dass der
Staat nur, soweit er ein Interesse an der Strafverfolgung hat,
zu einer solchen schreitet ®.
Schliesslich sei noch des Unterschiedes beider Systeme bei
der Beantwortung der Frage nach dem Geburts- oder Sterbe-
lande eines im Luftschiff Geborenen oder Verstorbenen Erwäh-
nung getan. Nach der Eigentumstheorie würde der Geburts-
oder Todesfall sich in dem Gebiete des Grundstaates, nach der
Schutztheorie aber sich im staatenfreien Raume ereignet haben.
Die Schlussfolgerungen, die sich hieran knüpfen, je nachdem der
Fall in einem Staats- oder Privatluftschiff vorgekommen und je
nachdem man dem ersteren das Recht der Exterritorialität zu-
erkennt, das Privatluftschiff aber jedenfalls für staatenfreie Ge-
biete den Gesetzen seines Heimatlandes unterwirft, ergeben sich
ohne weiteres und bedürfen keines besonderen Eingehens. Mag
freilich auch der Ort der Geburt, wenigstens nach deutschem
Rechte, für den Erwerb oder den Verlust der Staatsangehörig-
keit belanglos sein, so erscheint die Feststellung, ob eine Geburt
oder ein Todesfall sich im Inlande oder Auslande ereignet hat,
doch für die Frage nicht müssig, welcher Standesbeamte sich der
® Ich verweise in dieser Beziehung auf meine Ausführungen in „das
Luftschiff pp.“ S.55 ff. Helwingsche Verlagsbuchhandlung. Hannover 1908.