— 209 —
des Oberverwaltungsgerichtes sein Recht gefunden, und die
Polizeiverfügung wird ausser Kraft gesetzt. Wenn er nun aber etwa
glauben sollte, vor weiteren polizeilichen Eingriffen in Bezug auf ge-
nau denselben Streitgegenstand durch diesen autoritären Spruch
gesichert zu sein, so giebt er sich einem höchst bedauerlichen
Irrtum hin, dessen Folgen er nur zu bald am eigenen Leibe er-
fahren wird. In vielen Fällen kümmert sich die untere Polizei-
behörde nämlich einfach nicht um den Spruch des Oberver-
waltungsgerichts und seine sachverständige, das Recht zur Geltung
bringende Begründung, sondern sie erlässt mit der grössten
Kaltblütigkeit von der Welt genau dieselbe Verfügung —
mit einer anderen oder auch sogar mit derselben Begründung
— einfach wieder von neuem, so dass der geschädigte Privat-
mann auf Jahre hinaus aufs neue gebunden ist und den ganzen
Prozess aufs neue durch alle Instanzen durchkämpfen muss,
vielleicht abermals formell obsiegend, aber dann wiederum dem
Eingriff der untern Polizeibehörde — trotz des Urteilsspruches —
preisgegeben! Der Polizeibehörde kann der Spruch des höchsten
Verwaltungsgerichts nach der jetzigen Rechtspraxis nämlich herz-
lich gleichgültig sein; weiss sie doch nur zu gut, dass ihr nicht
verboten wird, die angefochtene Verfügung trotz ihrer Aufhebung
aufs neue zuerlassen, und dass daher die schuldigen Beamten
auch keinem Regressanspruch des Geschädigten ausgesetzt sind!
Und kommt es ihr doch leider viel zu häufig nur darauf an,
ihren Willen auf Grund ihrer tatsächlichen Macht —
ohne Rücksicht auf den Rechtsstandpunkt — gegenüber dem
schwächern Einzelnen schonungslos zur Geltung zu bringen!
Der Polizeiverwalter einer nicht ganz unbedeutenden Gemeinde
hat uns einmal in einer schwachen Stunde selbst bestätigt, der
Rechtszustand komme für die Polizei erst in zweiter Linie,
vor allem komme es ihr darauf an, das, was sie wolle und im
Interesse des Gemeinwohls als angemessen erachte, zunächst
einmal durchzuführen; werde die Polizeiauflage denn nach-