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missionsbericht der I. Kammer zum Stiftungsgesetz.
Eine vermittelnde Ansicht (WALTER’sche Theorie) nimmt
ein sukzessives Eigentum für die Gesamtkirche und sodann die
einzelnen kirchlichen Institute an, und bezeichnet das Eigentum
dieser Sukzessivträger als ein Dominium in solidum. In ähnlichen
Bahnen bewegt sich auch die Anschauung (Würzburger katho-
lische Wochenschrift), nach welcher das Kirchengut durch den
speziellen Eigentumsträger gleichzeitig indirekt von der Gesamt-
kirche besessen wird, so dass die Gesamtkirche als Subjectum
remotum proprietatis, der spezielle Privatrechtsträger als Sub-
jectum immediatum proprietatis erscheint. Eindlich hat eine
dritte Vermittlungstheorie (MAgJER’sche Theorie) sich auf den
Standpunkt gestellt, der Grundstock des kirchl. Eigentums bleibe
bei der Gesamtkirche, das einzelne kirchliche Institut habe nur ein
Dominium praecarium sive revocabile®. Hier interessiert der
Kampf der Gesamtkirchen- und Institutentheorie vor allem aus
methodischen Gründen. Ist wirklich die Gesamtkirche allein
Trägerin der Privatrechtsfähigkeit, dann ist die Darstellung der
Trägerschaft bezüglich der kirchlichen Privatrechtsfähigkeit mit
dem für die Gesamtkirche geführten Nachweis der Trägerschaft
erschöpft. Behält dagegen die Institutentheorie Recht, dann
muss bei jedem einzelnen kirchlichen Institut die Frage nach der
Trägerschaft der Rechtspersönlichkeit aufgeworfen und an der
Hand des positiven Rechts beantwortet werden 52»,
II. Die Annahme einer Rechtspersönlichkeit der Gesamt-
kirchen, sei es für das Gebiet des Privatrechts oder des öffent-
lichen Rechts, scheitert an der Unmöglichkeit der Konstruktion
und Abgrenzung dieser über die ganze Erde verbreiteten Kor-
#3 Die Vereinigungstheorien sind aufgeführt nach HÜBLER, Der Eigen-
tümer des Kirchenguts.
®®a Es sei hier bemerkt, dass das bad. Staatsgesetz v. 9. Okt. 1860 in
seiner Begründung ($. 457) es ablehnt, zu dem Streit der Meinungen be-
stimmte Stellung zu nehmen:
Die in der Theorie sehr bestrittene Frage, wer Eigentümer des für k.
Zwecke gewidmeten Vermögens sei, hat das Gesetz nicht entschieden.
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