— 221 —
Ueber die Tragweite dieser Bestimmung gibt der Kommis-
sionsbericht von Mohl zum K@G.‘5 erschöpfenden Aufschluss.
Die Gewährleistung der Rechtspersönlichkeit bringt
zum Ausdruck, dass der Staat sich nicht völlig teilnahmlos zu
den beiden Kirchen stellt, dass er nicht religionslos ist. Das
Wort „Gewährleisten“* in $1 KG. will aber auch besagen, dass
die Kirchen schon vor dem KG. zu Recht bestanden und jetzt
nur ihre Bestätigung erhalten sollten. Der $ 1 des KG. er-
hält seine Beleuchtung durch 8 7 des Gesetzes:
Die vereinigte evangelisch-protestantische und die römisch-
katholische Kirche ordnen und verwalten ihre Angelegen-
heiten frei und selbständie.
Hierin liegt die Anerkennung des Vorhandenseins und der
Daseinsberechtigung einer kirchlichen Sondersphäre, in welche
sich die höchste Gewalt des Staates nicht erstreckt”.
Während so bezüglich der Trägerschaft der privaten und
öffentlichen Rechtspersönlichkeit hinsichtlich der katholischen
und protestantischen Kirche im geltenden badischen Recht kein
Zweifel mehr obwalten kann, erscheint es fraglich, ob die jüngste
65 Stände-Verhandl. I. Kamm. Beil. Heft 454/55: Unter dem Rechte
einer öffentlichen Korporation, welches der Entwurf den bei-
den grösseren Landeskirchen verleiht oder dessen Besitz er vielmehr den-
selben bestätigt, glauben wir die Anerkennung verstehen zu müssen, dass
der Staat die beiden Kirchen in ihrer Gesamtheit und in ihrem spezifischen
Organismus als im Grossherzogtum zu allgemeinen Zwecken zu Recht be-
stehend anerkennt; dass er ihnen sämtliche nicht etwa besonders ausge-
nommenen Befugnisse einräumt, welche das Recht des Landes einer juri-
stischen Person zuteilt, namentlich das Recht der Unteilbarkeit; dass er
die von ihnen verfassungsmässig aufgestellten und ihrer Verfassung gemäss
befolgten Zwecke nicht nur als erlaubt betrachtet, sondern sie auch in den-
selben schützt und ihre dazu bestimmten Anstalten in seine besondere Ob-
hut nimmt; dass er das Bekenntnis zu einer derselben für vereinbar hält
mit der ganzen staatsbürgerlichen Stellung eines Untertanen; endlich dass
er die von ihren Beamten ausgehenden Akte als öffentliche Akte betrachtet.
° Spoun, St.K.R. 5/6.
Sturz, Enc. II. 913/914.