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Ss 11. Die übrigen Religionsgemeinschaften.
Das Merkmäl der Religionsgemeinschaft, wodurch sie sich
von den religiösen und kirchlichen Vereinen unterscheidet, liegt
darın, dass sie in einzigartiger und umfassender Weise die
korporative Gottesverehrung zum Zwecke hat.
I. Unter den in Baden bestehenden Religionsgemeinschaften
nimmt die israelitische Religionsgesellschaft
zweifellos den wichtigsten und bevorzugtesten Platz ein. Natur-
gemäss konnte vor Beginn des 19. Jahrhunderts bei der staats-
bürgerlich gedrückten Stellung der Juden von einer Rechts-
persönlichkeit der israelitischen Religionsgemeinschaft keine Rede
sein. Noch das erste Konstitutions-Edikt vom 14. Mai 1807
zählt in & 7 die israelitische Religionsgesellschaft nicht zu den
aufgenommenen Kirchen, sondern betrachtet sie nur als „kon-
stitutionsmässig geduldet“. Erst das landesherrliche Edikt
vom 13. Januar 1809 Reg.Bl. 6, S. 29, bekleidete die
israelitische Religionsgemeinschaft mit öffentlicher und privater
Rechtspersönlichkeit, indem es in I. bestimmte:
Die Julenschaft des Grossherzogtums bildet einen eige-
nen konstitutionsmässig aufgenommenen
Religionsteil unseres Landes, der gleich den übrigen unter
seinem eigenen angemessenen Kirchenregiment steht.
Darnach ist die Gesamtheit der badischen Staatsange-
hörigen jüdischen Bekenntnisses, mit anderen Worten die
israelitische Landeskirche als öffentliche Korporation anerkannt.
Sie hat daher auch namentlich das Recht des öffentlichen Gottes-
dienstes, das Recht auf Propaganda etc. Immerhin ist die
Rechtspersönlichkeit der israelitischen Religionsgemeinschaft eine
beschränkte®!a, vergleichbar der Rechtspersönlichkeit, welche
die Kirchen auf Grund des I. Konstitutions-Ediktes besassen.
®!a Vgl. HEIMBERGER, Die konfessionell beschr. weltl. Stiftung etc. in
Sturz KRA. Heft 41. S. 92/93.
Archiv für öffentliches Recht. XXIV. 2. 16